Debatte um Suizidbeihilfe

Suizidberater fordert leichter zugängliche Hilfen für Gefährdete

In kirchlichen Sozialprojekten wird eine steigende Beratungs- Nachfrage durch Menschen beobachtet, die sich mit Selbstmordgedanken tragen.

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Freiburg. Der in Sachen Suizidprävention erfahrene Sozialarbeiter Stefan Hannen hat mehr unkomplizierte Hilfsangebote für Menschen in Lebenskrisen gefordert. „Viele Betroffene sind von bürokratischen Hürden überfordert oder nicht in der Lage, allein Hilfe bei Medizinern oder Therapeuten einzufordern“, sagte Hannen am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg.

Er verwies auf eine große und zuletzt deutlich gestiegene Nachfrage bei niederschwelligen Beratungsangeboten des baden-württembergischen „Arbeitskreis Leben“ – bei dem Hannen selbst mitarbeitet – sowie in der bundesweiten Online-Beratung U25. Die beiden kirchlichen Projekte werden vor allem von Ehrenamtlichen getragen.

„Oft sind es unsere Initiativen, bei denen Menschen mit Suizidgedanken überhaupt erst einmal wieder einen Gesprächspartner finden. Fast alle, die daran denken, sich das Leben zu nehmen, haben das Gefühl, von allen Beziehungen entkoppelt zu sein.“ Dort könne Beratung ansetzen. Von den Tausenden Menschen, die in den vergangenen Jahren Kontakt zum „Arbeitskreis Leben“ suchten, haben sich Hannen zufolge sehr wenige das Leben genommen.

Anfang Juli im Parlament

Kritik übte Hannen an der geplanten gesetzlichen Neuregelung der Suizidbeihilfe. „Die vorliegenden Gesetzesentwürfe richten vor allem den Blick darauf, wie und unter welchen Auflagen assistierte Suizide künftig möglich sein sollen. Sie verlieren aber aus dem Blick, dass es erstes Ziel sein muss, Selbsttötungen zu verhindern.“ Es dürfe keine Beratung zum Sterben, sondern es müsse Beratungen zum Leben geben.

Der Bundestag will Anfang Juli über eine Regelung zur Suizidbeihilfe entscheiden. Es liegen zwei Gesetzentwürfe vor. Ein liberaler ist stärker darauf angelegt, Suizid zu ermöglichen. Der andere stellt den Schutz vor Missbrauch in den Vordergrund. Ferner gibt es Anträge zum Ausbau der Suizidprävention. Bundesweit gibt es jährlich rund 10.000 Suizide, dreimal so viele wie Verkehrstote. Kritiker warnen, dass nach einer Freigabe der geschäftlichen Suizidbeihilfe die Zahl der Selbsttötungen zunehmen werde.

„Viel zu wenig im Blick sind auch Hilfen für Angehörige und Freunde von denen, die sich das Leben genommen haben“, kritisierte Hannen. Die Beraterinnen und Berater des „Arbeitskreises Leben“, der in Baden-Württemberg an zehn Standorten aktiv ist, sowie die Online-Berater der bundesweit aktiven Initiative U25 verzeichnen laut Hannen eine steigende Nachfrage von Menschen, die an Suizid denken.

„Eine wachsende Zahl von Menschen kommt derzeit gar nicht mehr aus dem Krisenmodus heraus. Corona, Ukrainekrieg, Energiekrise und Finanzängste wegen dramatischer Teuerungen - ein gefährliches Krisengemisch, das Menschen aus der Bahn werfen kann.“ (KNA)

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