Kapitalanlage
Technologieaktien – Börsenstars mit Risiko
Die Kurse von Technologieaktien sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Doch nun drohen Rückschläge. In den USA laufen Untersuchungen, ob Unternehmen wie Amazon und Apple zu marktbeherrschenden Monopolisten geworden sind. Werden sie zerschlagen, drohen Aktionären Verluste.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. Um 127 Prozent ist die Aktie des Google-Mutterkonzerns Alphabet seit Anfang November 2015 gestiegen. 178 Prozent hat das Papier von Facebook in dieser Zeit zugelegt. 286 Prozent sind es bei Apple, 308 Prozent bei Microsoft, 434 Prozent beim Online-Händler Amazon und sogar 905 Prozent bei Tesla.
„Technologie ist in den vergangenen Jahren zum Zauberwort am Anlagehimmel geworden“, sagt Manfred Rath, Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg. Doch mit den rasanten Kursanstiegen wächst auch die Skepsis.
„Die Bewertungen großer Technologiewerte erinnern an die Sorglosigkeit zu Zeiten der Internetblase vor 20 Jahren“, sagt Rath. „Auch damals zählten fantastische Storys mehr als Substanz und Ertrag der Unternehmen.“
Euphorie für E-Mobilität
Wie euphorisch Investoren manche Technologie-Werte sehen, zeige das Beispiel Tesla, sagt der Anlageprofi. Der US-Hersteller von Elektromobilen hat im zweiten Quartal dieses Jahres gerade einmal 90.650 Fahrzeuge verkauft.
Beim Volkswagenkonzern waren es hingegen knapp 1,9 Millionen; beim japanischen Hersteller Toyota mehr als 1,6 Millionen. Zudem bauen Toyota und VW mit Macht ihre Fertigung von E-Mobilen aus. Dennoch wird Tesla an der Börse mit 330,87 Milliarden Euro bewertet; VW nur mit 78 Milliarden Euro und Toyota mit 183,1 Milliarden Euro.
„Es stellt sich die Frage, ob Tesla an der Börse dauerhaft mehr wert sein kann, als Volkswagen und Toyota, die beiden größten Automobilhersteller der Welt, zusammen“, sagt Rath.
Bei manchen Firmen drohen Kursverluste
Bei Alphabet, Amazon, Apple und Facebook könnten bald Kursverluste drohen. „Die Chefs der Konzerne wurden diesen Sommer vom US-Kongress verhört“, sagt Titus Schlösser, Geschäftsführer der Kölner Vermögensverwaltung Portfolio Concept. Politiker fürchten, die Unternehmen seien zu marktbeherrschenden Monopolisten geworden.
„Sollte es zu einer Zerschlagung der großen Unternehmen kommen, kann dies ihre Aktienkurse unter Druck bringen“, sagt Schlösser. In der Vergangenheit wurden in den USA bereits mehrmals Konzerne zerschlagen, die eine Monopolstellung erreicht hatten.
Betroffen wären in diesem Fall auch Anleger, die über börsennotierte Indexfonds auf die weltweiten Aktienmärkte setzen. Diese auch ETF genannten Fonds sind beliebt, weil sie Indizes passiv nachbilden und deshalb nur minimale Verwaltungsgebühren erheben.
MSCI World ist der am häufigsten genutzte Index
Zudem entfällt der bei aktiv verwalteten Fonds übliche Ausgabeaufschlag von bis zu fünf Prozent, weil ETF-Anteile ausschließlich an den Börsen gehandelt werden. Der für globale Aktieninvestments am häufigsten genutzte Index ist der MSCI World. Er bildet die tägliche Wertentwicklung der 1600 Aktien mit der höchsten weltweiten Marktkapitalisierung nach.
Alphabet, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft sind darin jedoch solche Schwergewichte geworden, dass sie „mit ihrer Marktkapitalisierung von zusammen mehr als 6300 Milliarden US-Dollar allein 13,3 Prozent des Index ausmachen“, sagt Schlösser. Brechen ihre Aktienkurse ein, „kann dies zu starken Korrekturen in ETFs führen, in denen die Unternehmen dominant repräsentiert sind“.
Allerdings sollten Anleger Technologiewerten auch nicht komplett den Rücken kehren. „Durch die Corona-Pandemie hat der Druck nochmals zugenommen, neue Technologien schneller und weiter zu entwickeln“, sagt Rath. „Die Digitalisierung der Arbeitswelt, der Bildung und im Einkaufsverhalten wird weiter voranschreiten.“ Profitieren könnte davon der Software-Konzern Microsoft, gegen den keine Untersuchungen wegen eines Monopols laufen.
Auch Digitalisierung attraktiv
Eine Alternative zum Online-Handelsgiganten Amazon könnte das Papier dessen chinesischen Konkurrenten Alibaba sein, der auch in Europa immer mehr Waren über das Internet vertreibt. Das auch an deutschen Börsen gelistete Unternehmen aus Hangzhou steigerte im zweiten Quartal dieses Jahres den Umsatz um weitere 34 Prozent und erzielte ein Nettoergebnis von mehr als sechs Milliarden Euro.
Stephan Albrech, Vorstand der Kölner Vermögensverwaltung Albrech & Cie, rät zudem zu Wasserstoff-Aktien: „Die Werte sind heiß.“ Immer mehr Länder wollen zukünftig mit Strom aus Solar- und Windkraftwerken, Wasserstoff aus Wasser gewinnen und diesen als Treibstoff zu nutzen. „Allein die Bundesregierung unterstützt die Technologie bis 2030 mit fast zehn Milliarden Euro“, sagt Albrech.
Das hat die Kurse von Branchenaktien wie Ballard Power Systems, Fuel Cell Energy, Powercell und NEL ASA in diesem Jahr bereits kräftig angeschoben.