Hausratpolicen
Trägheit kann Versicherte teuer zu stehen kommen
Gerade beim Thema Hausrat-Versicherung dürfen Versicherte nicht träge werden, ihr Eigentum zu dokumentieren und die Police zu vergleichen. Mit dieser Versicherung gibt es nämlich zwei Hauptprobleme.
Veröffentlicht:Köln. Manchmal ist ein Versicherungsschaden gar kein Schaden. Das musste eine Expertin der Verbraucherorganisation Bund der Versicherten (BdV) erleben. Eine völlig aufgelöste Frau erkundigte sich per Telefon, ob der Verlust des Autoschlüssels von der Hausratversicherung gedeckt sei.
Nein, war die wahrheitsgemäße Antwort – Einbruch und Raub sind versichert, das einfache Verlieren nicht. Die Empfehlung Bianca Boss‘ vom BdV: Bitte dem Autoversicherer den Verlust des Schlüssels melden, möglicherweise soll das Auto gestohlen werden.
Das Problem löste sich von selbst. Die Frau schrieb per E-Mail: „Der vermisste Autoschlüssel fand sich noch am selben Abend im Kühlschrank, wo er zwischenzeitlich eine Temperatur von 4°C erreicht hatte.“
Er steckte in einem kleinen Kunststoffbeutel unter roten Weintrauben aus dem Supermarkt. Er war beim Einkauf dort hineingerutscht und dann brav mit abgewogen und an der Kasse mit anteilig 0,30 Euro bezahlt worden.
Hausrat: Eigentum filmen!
Die meisten Schäden gehen leider nicht so glimpflich aus – gerade in der Hausratversicherung. Sie zahlt, wenn Hausrat durch Feuer, Einbruch, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Raub und Vandalismus zerstört, beschädigt oder gestohlen wird. Mit dieser Versicherung gibt es zwei Probleme: Geschädigte können nach einem Einbruch oder Feuer oft nicht beweisen, was sie alles hatten.
Und: Viele Privatleute haben veraltete Policen im Versicherungsordner. Bianca Boss hat einen Rat: „Jeder, der eine Hausratversicherung hat, sollte mit seinem Handy einen Videofilm von seiner Wohnung machen und teure Gegenstände wie Schmuck oder ein mitversichertes Fahrrad fotografieren.“
Und dann, so die frühere Allianz-Mitarbeiterin und heutige Verbraucherschützerin, das Video und die Fotos an einen Verwandten, einen Freund oder eine Freundin schicken, damit sie im Fall eines Feuers oder Verlust des Handys noch auffindbar sind.
Videos und Fotos zur Dokumentation
„Viele Leute können nicht nachweisen, was sie gehabt haben, wenn eingebrochen wurde oder es gebrannt hat“, sagt Boss, die einst eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau absolviert hat. Da helfen Video und Fotos. Bei sehr teuren Stücken lohnt es unbedingt, die Quittung aufzubewahren. Die Hausratversicherung ist eine kleine, aber höchst lukrative Sparte für die Versicherer. Und 2020 wird aller Voraussicht nach ein sehr gutes Jahr.
Ein Hauptgrund: Die Zahl der Wohnungseinbrüche geht im laufenden Jahr weiter zurück. Dafür sorgt schon COVID-19. Die Menschen sind zu Hause. Aber auch ohne Pandemie registrieren die Polizeibehörden seit Jahren weniger Einbrüche. 2015 wurden 167.136 Fälle gemeldet. 2019 waren es nur noch 87.145, satte 48 Prozent weniger. Dabei waren 2019 fast die Hälfte – nämlich 45,3 Prozent – nur Einbruchsversuche.
Für die Versicherungskonzerne ist das ein einträgliches Geschäft. Im Jahr 2019 nahmen die Gesellschaften 3,2 Milliarden Euro an Beiträgen ein. Für Schäden gaben sie aber nur 1,2 Milliarden Euro aus. Dazu kamen 1,1 Milliarden Euro an Provisionen und Verwaltungskosten. Rund 900 Millionen Euro blieben als Gewinn übrig, immerhin 27 Prozent der Prämieneinnahmen.
Anbieter nutzen Kunden-Trägheit
Für die Kunden heißt das: keine Angst vor dem Preisvergleich und vor der Kündigung. Es gibt Policen, die dreimal so teuer sind wie andere mit gleichem Deckungsumfang. Es gibt sogar alte Policen mit schlechten Bedingungen, die teurer sind als neue Verträge. Die Verbraucherzentralen und der BdV haben umfangreiche Merkblätter für den Abschluss einer Hausratpolice und den möglichen Versicherungswechsel vorbereitet.
Der größte Freund schlechter und teurer Anbieter ist allerdings die Trägheit der Kunden. Wer einen Vertrag hat, glaubt, er habe das Nötige getan und kümmert sich nicht weiter darum. Das kann schlimme Folgen haben. In vielen alten Verträgen sind Schäden durch grobe Fahrlässigkeit nicht gedeckt.
Wer dann den Topf auf dem Herd stehen lässt, ein Telefongespräch annimmt und darüber den Herd vergisst, geht im Schadenfall leer aus oder erhält nur einen kleinen Teil des Schadens.
Oft sind in alten Verträgen die Elementarschäden nicht eingeschlossen. Das ist nicht nur für diejenigen wichtig, die an Flüssen wohnen. Denn auch Schnee und Starkregen können zu Schäden führen. Deshalb: Vertrag prüfen, wenn nötig, kündigen und neu abschließen.