Abrechnung
Trotz Pandemie: Krankenkassen überziehen Ärzte mit Prüfungen
Vertragsärzte müssen sich zunehmend mit Prüfanträgen der Krankenkassen herumschlagen. In Bayern traf es im Pandemiejahr 2020 fast jede zweite Praxis. Nicht nur die KV Bayerns will jetzt die Kassen bremsen.
Veröffentlicht:München/Neu-Isenburg. Die Regelungen zur Abrechnungsprüfung durch die Krankenkassen führen immer häufiger zu „nutzloser Bürokratie mitten in der Pandemie“. Diese Klage führt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) in einem aktuellen Positionspapier zur Abrechnungsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung. Demnach sind vergangenes Jahr mehr als 9000 von rund 20 .000 Arztpraxen von Prüfanträgen der Krankenkassen betroffen gewesen, heißt es in dem Papier.
Dies sei „ein großes Ärgernis“ vor allem deshalb, weil es bei vielen Anträgen um „verschwindend geringe Rückforderungssummen“ gehe. Bei der KVB seien allein im Jahr 2020 knapp 460 .000 Datensätze eingegangen, darüber seien am Ende gerade einmal 0,5 Promille des Gesamthonorars – drei Millionen Euro – erfolgreich zurückgefordert worden. In der KVB seien Kosten in Höhe von 5,3 Millionen Euro für die Bearbeitung der Anträge entstanden – ganz abgesehen vom Aufwand in den Praxen.Es gebe Kassen, die mehr als 90 Prozent Ablehnungsquoten bei ihrer Abrechnungsprüfung haben. „Dieser Bürokratismus klaut den Patienten wertvolle Arztzeit“, schimpft die KVB in ihrem Papier.
Oft geht es um Bagatellbeträge
Die Bayern stehen mit dem Ärger über die Antragsflut vonseiten der Kassen nicht allein. Erst jüngst hatte die KV Nordrhein darüber geklagt, dass die Ärzte einen „Riesenaufwand in die Bearbeitung der Prüfanträge“ zu Sprechstundenbedarf stecken müssten. Dabei gehe es oftmals lediglich um Bagatellbeträge.
„Ziel muss es sein, dass diese Anträge nur dort gestellt werden, wo Versichertengelder in nennenswertem Umfang auf dem Spiel stehen“, äußerten sich Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp vom Vorstand der KVB auf Anfrage. Die Körperschaft fordert im Positionspapier, die „Flut an falschen und geringfügigen Anträgen“ müsse eingedämmt werden. Als konkrete Maßnahmen kämen laut Papier eine Geringfügigkeitsgrenze von 100 Euro pro Krankenkasse, Quartal und Arzt, um die Prüfung der Abrechnungen auf relevante Fälle zu beschränken. Eine Antragsgebühr in Höhe von 100 Euro zulasten der Kassen für Anträge, die sich letztlich als unberechtigt erweisen, könnte diesen Effekt verstärken. Damit würde bei den Krankenkassen ein Bewusstsein für die verursachten Kosten geweckt.
Der Weg dahin könnte weit sein: In Nordrhein jedenfalls haben sich die Krankenkassen als hartleibig erwiesen und die Gespräche über eine Anhebung der Bagatellgrenze abgebrochen. (Mitarbeit: ger)
Viel Aufwand, wenig Ertrag
- 9000 von 20 .000 Praxen in Bayern mussten sich im Pandemiejahr 2020 mit Prüfanträgen der Kassen herumschlagen.
- Nur 0,5 Promille des Honorarvolumens in Bayern holten sich die Krankenkassen auf diese Weise zurück.