Arzneiplan

Turbo oder Bremsklotz?

Während sich bei den Tests zum Online-Abgleich der Versichertenstammdaten erneut Verzögerungen andeuten wird parallel an den echten Mehrwertanwendungen der E-Card getüftelt. Auf der conhIT zeigten die IT-Anbieter aber nicht nur, was sie bereits können. Sie hatten auch Forderungen an die Selbstverwaltung im Gepäck - vor allem in Sachen Medikationsplan.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:

BERLIN. In wenigen Tagen wird sich zeigen, ob KBV, Bundesärztekammer und der Deutsche Apothekerverband tatsächlich die erhofften Standards in die ambulante Versorgung tragen - und dies in einer für die Praxen praktikablen Form.

Denn bis zum 30. April sollen sie sich auf die Ausgestaltung des bundeseinheitlichen Medikationsplans verständigt haben. "Wenn das so kommt, wäre das auch der Beginn einer neuen Ära", sagt Dr. Axel Wehmeier, Leiter der Gesundheitssparte Telekom Healthcare Solutions, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Denn bislang kämpft vor allem der niedergelassene Bereich damit, dass ein schneller, systemübergreifender Datenaustausch nur bedingt möglich ist.

Weil einheitliche Schnittstellen und auch die notwendigen Standards für strukturierte Datenformate fehlen, die ein automatisiertes Einlesen und Verarbeiten in der eigenen Praxis-Software möglich machen.

Der Medikationsplan, auf den Patienten laut E-Health-Gesetz ab Oktober einen Anspruch haben (zumindest dann, wenn sie dauerhaft drei verordnungspflichtige Medikamente einnehmen) wäre die erste Anwendung der Gesundheitskarte, die hier eingreift; und Standards innerhalb der Kommunikation der Praxen etablieren könnte.

Die Probleme mit dem Papierplan

Doch noch sind die Praxissoftwarehäuser skeptisch, ob die Vorgaben, die von der KBV in technische Spezifikationen umgewandelt werden müssen, tatsächlich die Tür zum schnelleren Datenaustausch öffnen. Es fängt schon damit an, dass zunächst an einem reinen Papierplan gearbeitet wird.

In den Arztsoftwaresystemen sei der elektronische Medikationsplan schon seit über zehn Jahren Standard, so Dr. Erich Gehlen, Vorstandsvorsitzender beim genossenschaftlichen Softwarehaus Duria. "Wir können aus der Rezeptschreibung automatisch einen Medikationsplan generieren und anders herum."

Dass sich solche Pläne per Knopfdruck auf Papier bringen und dem Patienten mitgeben lassen, ist dabei keine Herausforderung. Dies sogar mit der Hinterlegung eines von der Praxis definierten Verordnungsplans, wie Lars Wichmann, Geschäftsführer bei der Frey ADV GmbH, erläutert.

Als weiteres Feature habe Frey für seine Software Quincy Win auch einen auf die Verordnung von Vitamin-K-Antagonisten spezialisierten Medikationsplan im Repertoire. Das zeigt, wie spezialisiert Medikationspläne mitunter bereits sind. "Teilweise haben die Systeme für die einzelnen Fachgruppen ganz ausgefuchste Pläne", bestätigt auch Gehlen.

Und genau hierin könnte ein Akzeptanzproblem für den nun geplanten bundeseinheitlichen Papierplan liegen. Letzterer soll zwar hauptsächlich vom Hausarzt gepflegt werden, dennoch sollen sich die Fachärzte beteiligen. Die Frage ist, ob sich in den Facharztpraxen eingespielte Strukturen so einfach ändern lassen.

Die Lösung, die die Selbstverwaltung vorsieht, könnte laut IT-Experten jede Menge neuer Probleme bringen, wird sie nicht von vornherein richtig angegangen. Es geht um den Barcode, der auf dem Papierplan abgedruckt werden soll. Über diesen sollen Praxen, Apotheker und Kliniken die Daten des Medikationsplans in ihr System einlesen können.

"Es müsste die Sicherheit bestehen, dass der Barcode unverfälscht und voll umfassend alle Inhalte des Medikationsplans wiedergibt", so Michael Saxler von der CompuGroup Medical (CGM).

Saxler plädiert daher dafür, beim Barcode das sogenannte Ultrakurzformat, das auch beim Modellprojekt Arzneimittelkonto NRW zum Einsatz kommt, zu nutzen. Damit lassen sich immerhin bis zu 40 Arzneimittel abbilden.

Wie sicher ist der Barcode?

Die Praxen benötigen aber nicht nur einen Barcode-Scanner zum Einlesen der Daten. Sie brauchen vor allem einen guten Drucker. Das Einlesen funktioniert nämlich nur fehlerfrei, wenn der Barcode in guter Druckqualität und nicht etwa verschmiert oder verzerrt auf das Papier aufgebracht wird.

Laut Gehlen stellt sich auch die Frage, was passiert, wenn der Barcode auf dem Papierplan geknickt wurde. Gehlen: "Die Praxen müssen also eine gewisse Technik vorhalten."

Und: Zur Umsetzung des Medikationsplans seien nur die für die kassenärztliche Versorgung zertifizierten Praxisverwaltungssysteme (PVS) verpflichtet. "Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass 150 PVS zertifiziert sind, aber außerhalb der Praxis-EDV-Welt keiner mit dem Barcode arbeiten kann", formuliert es Gehlen.

Die großen Klinik- oder Apothekensysteme müssen seiner Meinung nach bis Oktober nicht unbedingt nachziehen.Saxler sieht zudem die privatversicherten Patienten benachteiligt: "Für sie besteht bisher gar kein Anspruch auf einen Medikationsplan."

Das mag beim Papierplan noch von den Praxen umgangen werden können, spätestens wenn der elektronische Medikationsplan über die Telematikinfrastruktur kommt, wird sich aber die Frage stellen, ob die PKV hier einfach andocken kann.

Stimmen sollte aber auch die Vergütung, die Ärzte für die Erstellung des Medikationsplans erhalten sollen. "Wenn ein Patient fünf Medikamente auf dem Plan hat, die kontraindiziert sind und der Apotheker weist ihn darauf hin, dann will der Patient mit seinem Arzt darüber sprechen - und die Beratung ist zeitaufwändig", sagt Saxler.

Laut KBV soll bis Ende Juni klar sein, wie die Pflege des Medikationsplans über den EBM honorarmäßig aufgefangen wird.

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