Demenzdiagnose

Urteil: Schweregrad einer Demenz gehört in den Arztbrief

Im Stadium einer leichtgradigen Demenz ist laut dem Landgericht Frankenthal „regelmäßig noch nicht von einer Testierunfähigkeit auszugehen“.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Ärzte sollten in Arztbriefen bei Demenz-Patienten den Schweregrad der Erkrankung festhalten. Das kann bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zum Vorteil des Nachlassenden führen.

Ärzte sollten in Arztbriefen bei Demenz-Patienten den Schweregrad der Erkrankung festhalten. Das kann bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zum Vorteil des Nachlassenden führen.

© Christian Jung / stock.adobe.com

Frankenthal. Bei der Diagnose einer Demenz sollte in der Dokumentation und in Arztbriefen möglichst auch deren Schwere vermerkt sein. Denn dies kann entscheidend für die Wirksamkeit von Testamenten und anderen Dokumenten des Patienten oder der Patientin sein, wie aus einem am Donnerstag bekanntgegebenen Urteil des Landgerichts (LG) Frankenthal (Pfalz) hervorgeht. Im Stadium einer leichtgradigen Demenz ist danach „regelmäßig noch nicht von einer Testierunfähigkeit auszugehen“.

Konkret geht es um das Testament einer 90 Jahre alten Frau, die keine pflichtteilsberechtigten Angehörigen hatte. Kurz vor ihrem Tod vermachte sie vor einem Notar ihr wertvolles Anwesen in Ludwigshafen dem Sohn einer Freundin. In der Urkunde hielt der Notar fest, dass nach seiner Auffassung bei der Frau eine „unbeschränkte Geschäfts- und Testierfähigkeit“ besteht.

Testamentsvollstrecker focht Testament an

Der Testamentsvollstrecker war anderer Meinung und focht das Testament an. Zur Begründung legte er Arztbriefe vor, aus denen eine „beginnende demenzielle Entwicklung“, eine „demenzielle Entwicklung“ und eine „bekannte Demenz“ der Frau hervorgingen.

Zunächst im Eilverfahren wies das Landgericht den Testamentsvollstrecker nun ab. Es sei seine Sache, die sogenannten Testierunfähigkeit der verstorbenen Frau zu beweisen. Angesichts der vorgelegten Arztbriefe werde ihm dies wohl auch im Hauptverfahren nicht gelingen.

„Nicht jede Demenz führe automatisch zur Testierunfähigkeit“, betonte das LG zur Begründung. Es komme vielmehr darauf an, „ob sich die betreffende Person trotz ihrer Erkrankung noch ein klares Urteil über die Tragweite ihrer Anordnungen bilden kann und in der Lage ist, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden“. Dabei unterschied das Landgericht zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz. „Befindet sich die Erkrankung noch in einem leichtgradigen Stadium, ist regelmäßig noch nicht von einer Testierunfähigkeit auszugehen.“

Im Streitfall gebe es keine Hinweise, dass die Demenz der Frau bereits ein mittleres oder sogar schweres Stadium erreicht haben könnte, so die Frankenthaler Richter.

Landgericht Frankenthal (Pfalz), Az.: 8 O 97/24

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