BSG
Wichtige Urteile zu Original-Arznei und Liposuktion
Das Bundessozialgericht hat sich am Dienstag gleich mit mehreren auch gesundheitspolitisch relevanten Fällen befasst – darunter auch die Genehmigungsfiktion bei Anträgen auf eine Liposuktion.
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Das Bundessozialgericht in Kassel: Die Genehmigungsfiktion greift auch für Anträge auf Originalarzneien, so das Gericht.
© Uwe Zucchi / dpa (Archivbild)
KASSEL. Auch bei Anträgen auf Originalarznei greift die sogenannte Genehmigungsfiktion. Krankenkassen können Versicherte nicht mehr auf Generika und den Festbetrag verweisen, wenn sie einen Antrag auf das Original nicht innerhalb von drei beziehungsweise (mit Gutachten) fünf Wochen beantwortet haben, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am Dienstag in Kassel. In mehreren weiteren Fällen bekräftigte das BSG die Genehmigungsfiktion bei Anträgen auf eine Liposuktion.
In den ersten Fällen hatten die Versicherten das Arzneimittel Iscover zur Verhinderung weiterer zerebraler Ischämien beziehungsweise wegen chronischer Gastritis das Arzneimittel Antra Mups 20 beantragt.
Üblich haben die Krankenkassen drei Wochen Zeit, über einen Leistungsantrag zu entscheiden. Wenn sie den MDK einschalten, müssen sie den Versicherten innerhalb der Drei-Wochen-Frist darüber informieren und haben dann fünf Wochen Zeit.
Hier hatte die KKH in beiden Fällen den MDK eingeschaltet, ohne die Versicherten darüber zu informieren, und dann erst nach Ablauf von drei Wochen die Leistung abgelehnt.
Wie nun das BSG entschied, gelten die Leistungsanträge wegen Fristüberschreitung als „fiktiv genehmigt“. Die Kasse muss danach die Arzneimittelkosten auch über den jeweiligen Festbetrag hinaus tragen. Für die Vergangenheit bekommen die Versicherten 935 beziehungsweise 649 Euro erstattet.
Zur Begründung erklärte das BSG, beide Patienten hätten auf individuelle und atypische Ausnahmegründe verwiesen. Sie hätten daher nicht davon ausgehen müssen, dass die Krankenkasse die Kosten ohnehin nicht übernimmt.
In vier weiteren Fällen bekräftigte das BSG die Genehmigungsfiktion bei Anträgen auf Liposuktion, weil die Kassen die Entscheidungsfristen gerissen hatten. Das bedeutet, dass die Kasseler Richter auch hier davon ausgehen, dass ein Leistungsantrag nicht von vornherein aussichtslos und daher missbräuchlich ist.
In einem Fall muss die Techniker Krankenkasse 11.400 Euro bezahlen. In einem weiteren Fall muss das Landessozialgericht die der Klägerin entstandenen Kosten noch klären. (mwo)
Az.: B 1 KR 24/18 R und B 1 KR 23/18 R; B 1 KR 33/17 R und B 1 KR 21/17 R