Hausärzte und SARS-CoV-2
Zwei Hausärzte erzählen von ihren persönlichen Coronavirus-Erfahrungen
Wie reagieren Hausärzte auf die wachsende Infektionsgefahr mit SARS-CoV-2? Kommt genügend Unterstützung vom Gesundheitsamt? Die „Ärzte Zeitung“ hat in zwei Praxen nachgefragt.
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Die richtige Händedesinfektion ist das A und O, nicht nur für Ärzte und Assistenzpersonal, sondern auch für Patienten, die in die Praxis kommen.
© Gerhard Seybert / Fotolia
Neu-Isenburg. Hausärzte in Deutschland sind durchaus auf die drohende Infektionswelle mit dem neuartigen Coronavirus eingestellt. Welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden, wo sie sich gut vorbereitet fühlen und wo noch Defizite bestehen, haben zwei Allgemeinmediziner im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ erläutert.
Der Internist Dr. Manfred Blinzler aus Oberfranken hat zwar noch keine Patienten, die mit Sorgen über SARS-CoV-2 zu ihm kommen, doch seine Empfehlung an die Menschen lautet: „Ganz klar, zu Hause bleiben.“
Die Medienberichte über erste Coronafälle in Deutschland haben ihn bereits handeln lassen. Er hat eine Anlage zur Hand-Desinfektion für den Eingangsbereich seiner Praxis bestellt, die in wenigen Tagen geliefert wird. Ein Informationszettel mit der Aufforderung, sich sowohl beim Ankommen als auch beim Verlassen der Praxis die Hände zu desinfizieren, ist bereits erstellt.
Gesundheitsamt nicht erreichbar
Blinzler hat das Gespräch mit dem Gesundheitsamt gesucht, aber am Freitag dort zu seiner Verärgerung niemanden erreicht. Er fordert „einen Notfallplan, der vom Gesundheitsamt schleunigst erstellt werden muss“. „Die Politiker reden nur und behaupten, wir seien vorbereitet“, aber von den Ämtern sei noch nicht mal ein Notfallplan erstellt, ärgert er sich.
Falls jemand anrufe, der einen Verdacht hat, sich angesteckt zu haben, „dann muss er von mir als infektiöser Fall behandelt werden“, konkretisiert der Internist. Dies bedeute die sofortige Isolation.
Keine Schutzkleidung in der Praxis
Blinzler wird konkret: „Ich kann ihn nicht behandeln, denn ich habe keine Schutzkleidung.“ Sollte er einen Verdachtspatienten jedoch nicht als infektiösen Fall behandeln, dann „würde ich mich strafbar machen“.
Für seine Praxis hofft Blinzler, „dass nicht einfach ein Patient mit Coronavirus durchrutscht und in der Praxis steht, denn dann wäre hier Schluss“. Er würde die Praxis in einem solchen Fall sofort schließen, „sonst würden wir zum Superverbreiter des Virus werden“.
Ängstliche Kita-Mitarbeiterin kam in die Praxis
Der Allgemeinmediziner Dr. Hans Eichinger aus Biebesheim am Rhein hat bereits eine solche herausfordernde Situation erlebt. Er hatte am Freitag eine Kita-Mitarbeiterin in der Praxis, die zwar keinen Kontakt zu einem der Risikogebiete hatte, doch nun mit einem Unwohlsein, verbunden mit Brustschmerzen – und angesichts der Kontakte mit den vielen Kindern in der Kita sehr ängstlich wurde.
Er habe die Situation zunächst als unauffällig eingeschätzt, zur Sicherheit jedoch einen Abstrich gemacht. Danach hat er die Frau mit Mundschutz nach Hause geschickt und ihr geraten, zu Hause zu bleiben, bis das Ergebnis vorliege.
Widersprüchliche Auskunft über die Meldepflicht
Auch er hat bereits das Gesundheitsamt kontaktiert und moniert eine widersprüchliche Auskunft über die Meldepflicht. Ob diese Patientin, die vielleicht nur eine Grippe habe, bereits gemeldet werden müsse, sei nicht eindeutig beantwortet worden.
Bei der aktuellen Überlastung der Hausärzte aufgrund der Grippewelle, sei dies nun eine sehr anstrengende Situation.
Tatsächlich sind Ärzte verpflichtet, alle begründeten Verdachts-, Krankheits- und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus dem örtlichen Gesundheitsamt zu melden. Die Meldung – inklusive Name und Kontaktdaten der Person – muss innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Freitag verwiesen und dann präzisiert: „Um einen meldepflichtigen ‚begründeten Verdachtsfall‘ handelt es sich laut RKI, wenn die Person Kontakt zu einem bestätigten Fall hatte oder innerhalb der letzten 14 Tage in einem vom RKI genannten Risikogebiet gewesen ist und Symptome wie Fieber, Heiserkeit, Husten oder Atemnot aufweist.“ Alle anderen Verdachtsfälle seien nicht mehr zu melden.
Gut ausgerüstet mit Mundschutz
Mit Materialien sieht sich Eichinger gut ausgestattet. Seine Praxis ist mit entsprechendem Mundschutz für ein bis zwei Wochen versorgt. Mit Verweis auf die Schweinegrippe ist Eichinger überzeugt: „Wir haben es noch ganz gut drauf.“ Damals habe sein Praxisteam Erfahrungen gesammelt, auf die man nun zurückgreife.
Als beruhigend bezeichnet er die Aussage des Gesundheitsministers in der Fernsehsendung von Maybritt Illner. Spahn habe gesagt, „die Krankenkassen sollen die Tests bezahlen“. Tatsächlich haben sich KBV und Krankenkassen einen Labortest in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen (EBM-Nr. 32816), den zuweisende Ärzte mit der Ausnahmekennnummer 32006 kennzeichnen sollten, um das Laborbudget zu schonen.
„Wir müssen davon ausgehen, dass sich das Virus verbreitet“
Für den weiteren Verlauf der Ansteckungswelle rechnet Eichinger in Deutschland „mit einer Karnevalsausbreitung“. Der Fall einer Frau, die am Tag noch in der Kita gearbeitet habe und abends mit ihrem Mann auf eine Sitzung gegangen sei, sei bereits dokumentiert. „Wir stehen in Deutschland nicht mehr am Start. Wir müssen jetzt davon ausgehen, dass sich das Virus verbreitet“, so seine Einschätzung.