BÄK
Zweifel am Fernbehandlungsverbot wachsen
Wird das Verbot der Fernbehandlung aus der Berufsordnung Bestand haben? Die Zweifel wachsen - auch in der Bundesärztekammer.
Veröffentlicht:FREIBURG. Ist das Fernbehandlungsverbot in der heutigen Form noch zukunftsfest? Angesichts der rasanten Entwicklung in den sozialen Medien könnten die Bedürfnisse von Patienten, entsprechende Angebote im Netz zu bekommen, so stark werden, dass zumindest eine Weiterentwicklung der Regeln aus der Musterberufsordnung anstehen könnte.
Das hat Norbert Butz vom Dezernat Telemedizin und Telematik bei der Bundesärztekammer beim 4. E-Health-Forum in Freiburg in einem Vortrag über die Zukunft von Facebook, Apps und Co. im Gesundheitswesen gesagt.
Ansprüche an Verfügbarkeit medizinischer Expertise wachsen
Zur Erinnerung: Laut Musterberufsordnung, Paragraf 31, dürfen Ärztinnen und Ärzte "individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt".
Facebook sei vor acht Jahren gegründet worden, heute nutzten es mehr als eine Milliarde Menschen, vor sechs Jahren sei der App-Store geöffnet worden mit 500 Angeboten in den virtuellen Regalen, heute gebe es dort 850.000 Apps, und 50 Milliarden Downloads habe es in diesen sechs Jahren gegeben. Und in dem Maße, wie diese Nutzung zunehme, so Butz, sei auch die Beziehung zwischen Arzt und Patient betroffen.
"Die Patienten haben längst Zugang zu medizinischen Informationen ohne den Gatekeeper Arzt", so Butz weiter. "Die Leute wollen das haben, die Ansprüche an die Verfügbarkeit medizinischer Expertise und auch an die ärztliche Verfügbarkeit im Netz wachsen."
Das sei "keine Revolution, aber Bestandteil der Weiterentwicklung der Arzt-Patienten-Beziehung - nicht alles ist ganz fürchterlich", sagte der Vertreter der BÄK in Freiburg.
Neue Formen von Arzt-Patienten-Kontakt nötig
Es könnte daher in Zukunft neue Formen von Arzt-Patienten-Kontakten geben, die aber kein Ersatz für den persönlichen Kontakt seien.
Der Arzt wähle aus, wem er Zugang im Netz geben will. Die Bundesärztekammer hat für Ärzte kürzlich Grundsätze für Ärzte in sozialen Medien ins Netz gestellt, die Orientierung geben sollen.
Auch andere Referenten in Freiburg mahnten eine aktive Rolle der Ärzteschaft bei der Einführung telemedizinischer Verfahren an: "Entweder wird die Entwicklung von Ärzten mit motiviert und angestoßen, oder sie geht über die Ärzte drüber", sagte Professor Mark Dominik Alscher von der AG Gesundheitstelematik des Landes Baden-Württemberg.
Und Dr. Christoph von Ascheraden, Präsident der Bezirksärztekammer Südbaden, betonte: "Die Technik muss stimmen, aber wir müssen für Vertrauen in die Interaktion zwischen Ärzten und Patienten sorgen." (ger)