Gilt nur für Männer

Fleischlos länger leben

Eine neue Ernährungsstudie zeigt: Männer, die Fleisch essen, sterben früher als ihre vegetarischen Artgenossen. Die Studienergebnisse zu den Frauen sorgen hingegen für ein Rätsel.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Ein gutes Stück Fleisch – doch es hat Vorteile, den Braten liegen zu lassen und sich beim Obst- und Gemüseregal zu bedienen.

Ein gutes Stück Fleisch – doch es hat Vorteile, den Braten liegen zu lassen und sich beim Obst- und Gemüseregal zu bedienen.

© Monkey Business Images / shutterstock.com

LOMA LINDA. Frühere epidemiologische Studien ergaben immer wieder Hinweise auf gesundheitsfördernde Effekte einer vegetarischen Lebensweise.

Die EPIC-Studie jedoch, eine der größten prospektiven epidemiologischen Studien, wies keine Vorteile bei der Sterberate von 47.000 britischen Vegetariern auf.

Für einen Nutzen von viel Obst und Gemüse spricht nun die zweite Adventist Health Study (AHS-2) mit mehr als 73.000 Sieben-Tages-Adventisten.

Bei ihnen ist Schweinefleisch tabu, Alkohol und Tabak sind verpönt, ein Großteil ernährt sich komplett vegetarisch. Für Epidemiologen haben solche Gruppen den Vorteil, dass sie recht homogen sind.

Lassen sich Differenzen zwischen Vegetariern und Fleischessern finden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese tatsächlich durch die Ernährung bedingt sind.

Studie über sechs Jahre

Nach solchen Unterschieden haben US-Forscher um Dr. Michael Orlich von der Universität in Loma Linda geschaut. Etwas mehr als die Hälfte der zu Beginn etwa 57 Jahre alten Teilnehmer in AHS-2 hatten sich in einer Basisbefragung als Vegetarier ausgewiesen.

Nach im Schnitt fast sechs Jahren wurde die Zahl und die Art der Todesfälle in den beiden Gruppen analysiert.

In dieser Zeit waren 2570 Adventisten gestorben, das sind 3,5%. Etwa die Hälfte davon starb an kardiovaskulären Erkrankungen und ein Viertel an Krebs (JAMA Intern Med 2013, online 3. Juni).

Wurde nun eine Reihe von Faktoren wie Alter, Alkohol- und Tabakkonsum, Bildungsgrad, Einkommen sowie körperliche Aktivität berücksichtigt, dann war die Sterberate bei den Vegetariern um 12% niedriger als bei Fleischessern.

Am stärksten war der Unterschied bei Männern: Hier lag die Sterberate sogar 18% unter der ihrer Fleisch liebenden Geschlechtsgenossen, bei Fleisch meidenden Frauen war sie dagegen nur um 7% reduziert.

Signifikant seltener waren bei Männern sowohl die Todesfälle durch ischämische Herzerkrankungen als auch die durch kardiovaskuläre Ereignisse insgesamt.

Die Unterschiede lagen bei jeweils 29%. Bei Frauen gab es hierbei jedoch keine signifikanten Differenzen.

Kein Schutz vor Krebs

Die Hoffnung, dass der Verzicht auf Fleisch auch vor Krebs schützt, ließ sich nicht bestätigen. Zwar war bei Vegetariern die Krebssterberate um 8% niedriger als bei Fleischessern, der Unterschied war aber nicht signifikant.

Interessanterweise war die Rate von Todesfällen infolge von Nierenproblemen oder endokrinen Problemen bei Vegetariern um etwa die Hälfte reduziert.

Die Autoren führen dies vor allem auf eine niedrigere Diabetesrate bei den Vegetariern zurück. Auch hier waren die Unterschiede nur bei den Männern signifikant.

Untersucht wurde zudem, ob die Art des Vegetarismus von Bedeutung ist. Pesco-Vegetarier, also solche, die auch Fisch essen, hatten im Vergleich zu Fleischessern die niedrigste Sterberate (minus 19%), wiederum war der Unterschied bei Männern am größten (minus 27%).

Dagegen war der Unterschied bei Lacto-Ovo-Vegetariern mit nur minus 9% bei Männern und Frauen zusammengenommen am geringsten.

Wie in vielen anderen Studien zeigten sich auch hier ein Vorteil für regelmäßigen Fischkonsum und ein Nachteil für den Genuss von Ei- und Milchprodukten.

Studie mit Vorsicht genießen

Weshalb Frauen weniger von einer vegetarischen Diät zu profitieren scheinen, ist unklar.

Möglicherweise ernährten sich auch die Fleisch liebenden Adventistinnen schon sehr gesund; biologische Gründe wie ein anderer Nährstoffbedarf bei Frauen sind ebenfalls denkbar, so die Autoren.

Da die Beobachtungszeit nur kurz und die Zahl der Todesfälle in den Subgruppen recht klein war, sind die Ergebnisse der Studie jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, geben die Forscher zu bedenken.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 08.07.201309:09 Uhr

Auch Adventisten sind nur Menschen!

Die hier referierte Studie müsste eigentlich unter Tendenzschutz gestellt werden. Denn sie ist n i c h t durch unabhängige Untersucher durchgeführt worden, sondern durch die 7-Tage-Adventisten-Universität s e l b s t ["Loma Linda University Adventist Health Sciences Center | University | Medical Center"]. Beim Cross-Training könnte man dort noch z. B. Morgen, am Dienstag, 9. 7. 2013, Bibelstunden für Männer buchen ["Events: CrossTraining Mens Bible Study Tuesday, July 9"].

Michael Orlich et al. von der Loma Linda University haben in der Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine
doi:10.1001/jamainternmed.2013.6473
publiziert, dass zunächst 96.469 männliche und weibliche 7-Tage-Adventisten von 2002 bis 2007 für die Studie rekrutiert wurden, dann aber nach nicht näher erläutertem Ausschlussverfahren nur 73.308 Teilnehmer/-innen übrig blieben ["A total of 96 469 Seventh-day Adventist men and women recruited between 2002 and 2007, from which an analytic sample of 73 308 participants remained after exclusions."]. Ein "drop-out" von immerhin 24 Prozent.

Nach Angaben der Autoren war die M o r t a l i t ä t bei den Männern der Adventisten in der Gruppe der Vegetarier insgesamt um 18 Prozent niedriger. Bei den Frauen nur um 7 Prozent! Das wäre eigentlich ein Hinweis auf einen völlig u n t e r s c h i e d l i c h e n Stoffwechsel bei Frauen und Männern.

Dabei wird jedoch zugestanden: Studienteilnehmer, die zu einer der vegetarischen Gruppen gehörten, waren eher älter und besser ausgebildet, tranken weniger Alkohol, rauchten weniger, bewegten sich mehr und waren dünner. Etwas weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer waren Carnivoren, etwas mehr als die Hälfte Vegetarier.

Nimmt man nun die Gruppe der Fisch-Vegetarier als besonders vorteilhaft heraus, landet man unmittelbar bei den durch andere Interventionsstudien belegten Empfehlungen zu mediterraner Frischkost mit erhöhtem Fisch- und Ölkonsum.

Bei allen Ernährungsstudien gilt das generelle "bias"-Problem: Niemand kann prospektiv sagen, wie und wovon er sich die nächsten Jahre ernähren w i r d. Selbst die retrospektive Erfassung durch Fragebögen ["Liste mit mehr als 200 verschiedenen Nahrungsmitteln“] bleibt lückenhaft, weil sich nicht alle Versuchspersonen e x a k t erinnern können, was sie wohl in den letzten Monaten gegessen h a b e n. Das gilt im Besonderen auch für die EPIC-Studie, die an diesem Punkt eben k e i n e prospektive epidemiologische Studie ist.

Verabschieden muss man sich wohl auch von dem Vorurteil, dass grundsätzlich a l l e 7-Tage-Adventisten auf rotes Fleisch, Rauchen und Alkoholgenuss p r i n z i p i e l l verzichten und i m m e r gesundheitsbewusst leben. Deshalb sind die Schlussfolgerungen sowohl hier als auch bei einer weiteren Adventisten-Studie zur Häufigkeit von Krebsinzidenzen in Abhängigkeit vom Vegetarier-/Carnivoren-Status mit Vorsicht zu genießen. Dort war bei 69.120 Teilnehmern die Inzidenz von Krebserkrankungen im Gesamtdurchschnitt bei den Vegetariern nur um 8 Prozent unterhalb des Signifikanzniveaus verringert. Vgl.: “Vegetarian Diets and the Incidence of Cancer in a Low-risk Population” von Y. Tantamango-Bartley et al., Departments of Epidemiology and Biostatistics and Nutrition, Loma Linda University, School of Public Health.
http://cebp.aacrjournals.org/content/22/2/286

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Steffen Jurisch 08.07.201308:18 Uhr

Witz komm raus, Du bist umstellt...

möchte man bei diesem Beitrag sagen, wenn man ihn liest. Wo sind hier die Smile-Zeichen, damit der verehrte Leser merkt, dass es sich um einen Joke handelt?
Wenn ich sauere Äpfel mit weniger saueren Äpfeln vergleiche, dann erhalte ich in der Tat fast die gleichen Ergebnisse ohne wirklich signifikante Unterschiede.
Vegetarier verzehren, genau wie Menschen die eine Mischkost zu sich nehmen ziemlich viel tierisches Fett und tierisches Cholesterin - denn nur in tierischen Produkten ist genau dies enthalten. Cholesterin ist aber einer, wenn nicht der Auslöser für Arteriosklerose und somit kardiomuskuläre Erkrankungen. Dies wurde eindrucksvoll unter anderem in der China Study des Dr. T.Colin Champbell nachgewiesen, auch nachzulesen in den Veröffentlichungen von Dr. med. Dean Ornish und Dr. med. Caldwell Esselstyn jun. (Prevent and Reverse Heart Desease) einem der besten Chirurgen Amerikas. Den Zusammenhang von Krebs (insbesondere Brustkrebs bei Frauen) und dem Verzehr von tierischem Fett hat, m.W.n. Professor Kent Carroll von der Western Ontario Universität in Canada (Carroll KK,Braden LM,Bell JA, et al "Fat and Cancer" Cancer 58 (1986):1818-1825) in einer großen Studie erstmals hoch signifikant nachgewiesen.
Ich empfehle jedem, der sich ernsthaft mit diesem Thema, dem Einfluss der westlichen Nahrung auf kardiovaskuläre Krankheiten und Krebs beschäftigen möchte, die China Study zu lesen. Das Buch zur Study gibt es unter der ISBN 978-3-86401-001-9 in der deutschen Übersetzung zu kaufen. Ebenso empfehle ich das Buch Prevent and Reverse Heart Disease von Dr. Caldwell B. Esselstyn, ISBN 978-1-58333-300-6 zu studieren.
Bei einer gesunden Ernährung, basierend auf einer abwechslungsreichen veganen Ernährung lassen sich nicht nur Krankheiten wir Brustkrebs, Prostatakrebs, colorektalem Krebs, Bluthochdruck, kardiovaskuläre Erkrankungen und, und, und verhindern, sondern teilweise auch rückgängig machen, wie viele seriöse Wissenschaftler schon bewiesen haben.

Mich wundert es noch immer, warum dies unter den studierten Ärzten kein Allgemeinwissen ist!

Freundliche Grüße
Steffen Jurisch
Heilpraktiker in Prittriching

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