Ergänzende Therapie

Zusätzlich Sauerstoff kann bei Hörsturz helfen

Bei Hörsturz ist die hyperbare Sauerstofftherapie offenbar in bestimmten Fällen eine sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen Standardtherapie. In einer koreanischen Studie profitierten vor allem Patienten mit ausgeprägtem oder refraktärem Hörverlust.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Zusätzlich Sauerstoff kann bei Hörsturz helfen

© ingenium-design.de / Fotolia

CHANGWON. Der „Sudden Sensorineural Hearing Loss“ (SSNHL) ist charakterisiert durch einen plötzlichen Hörverlust von mindestens 30 dB auf mindestens drei aufeinanderfolgenden Frequenzen.

Initial wird, vor allem bei Verdacht auf einen zugrundeliegenden entzündlichen Prozess, üblicherweise eine Behandlung mit Glukokortikoiden durchgeführt.

Dabei mehren sich die Hinweise, dass eine ergänzende Therapie mit hyperbarem Sauerstoff (HBO) von Nutzen sein könnte, wenngleich es den entsprechenden Studien bislang an statistischer Power mangelte.

HBO plus Glukokortikoide

Ein Team aus Südkorea hat in einem systematischen Review 19 Studien zusammengetragen, in denen die Kombination HBO plus medikamentöse Therapie mit einer medikamentösen Therapie allein verglichen wurde (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018, online 27. September).

Das Gesamtkollektiv umfasste 2401 SSNHL-Patienten. 1346 wurden allein mit einem Glukokortikoid behandelt, 1055 erhielten zusätzlich HBO.

Wie Dr. Tae-Min Rhee vom National Maritime Medical Center in Changwon, Südkorea, und sein Team berichten, waren die HBOPatienten in mehrerer Hinsicht im Vorteil: Die Wahrscheinlichkeit, im Anschluss an die Kombinationstherapie besser zu hören, war in dieser Gruppe deutlich größer (OR 1,43), ebenso die Chance, das ursprüngliche Hörvermögen vollständig zurückzuerlangen (OR 1,61).

In der Sauerstoffgruppe blieb bei 29,4 Prozent der Patienten keine Beeinträchtigung zurück, in der Gruppe mit nur medikamentöser Therapie war dies bei 20,7 Prozent der Fall. Zumindest eine Besserung der Hörleistung zeigte sich bei 67,6 gegenüber 49,0 Prozent.

Auch absolut gesehen stieg die Hörleistung bei den HBO-Patienten über alle Frequenzen hinweg stärker an, wenngleich die Differenz zwischen den Gruppen nur bei 500 Hz statistisch signifikant war.

Keine bessere Erfolgsrate bei mehr als 2,5 bar

Auffällig war, dass vor allem Patienten mit ausgeprägtem bis vollständigem Hörverlust (= 70 dB) von der HBO-Therapie profitierten, ebenso Patienten, die hyperbaren Sauerstoff als Salvage-Therapie erhielten, also nachdem die Medikamente nichts gebracht hatten.

Dabei war eine Therapiedauer von insgesamt mindestens 20 Stunden offensichtlich von Vorteil. Erhöhte man den Druck in der Kammer auf 2,5 bar und darüber, verbesserte sich die Erfolgsrate nicht.

Laut Rhee und Kollegen geht man davon aus, dass beim idiopathischen Hörsturz eine Minderdurchblutung des Innenohrs besteht.

Die Rationale der HBO-Therapie bestehe darin, den Sauerstoffpartialdruck im Innenohr zu maximieren und so den Folgen der Ischämie entgegenzuwirken. Darüber hinaus erhoffe man sich von den O2-Radikalen antibakterielle Effekte.

Wie die Forscher einräumen, sind die Ergebnisse möglicherweise durch vorbestehende Patientencharakteristika beeinflusst. Auch lasse sich nicht ausschließen, dass der SSNHL sich in Einzelfällen spontan gebessert habe. Zukünftige Studien müssten zeigen, welches HBO-Regime am besten zur Hörsturztherapie geeignet sei.

Gegenwärtig empfehlen die Autoren die Behandlung mit 100 Prozent Sauerstoff bei einem Druck von 2,0 bis 2,5 bar, und zwar entweder zwei Wochen lang mit jeweils 90 Minuten täglich oder alternativ 20 Tage à 60 Minuten.

Auch in refraktären Fällen indiziert

Wie die Wissenschaftler um Rhee betonen, stellt vor allem der Hörsturz mit einem deutlichen Hörverlust von mindestens 70 dB eine geeignete Indikation für die HBO-Therapie dar.

Diese komme aber auch für refraktäre Fälle infrage, die nach zwei bis vier Wochen noch nicht auf eine medikamentöse Behandlung angesprochen haben.

Die Komplikationsrate, insbesondere was Barotraumata betrifft, schätzen die Forscher gering ein. Viele Patienten berichteten danach über ein verlegtes Ohr, aber diese Nebenwirkung sei in der Regel komplett reversibel.

Nicht geeignet sei die Therapie höchstens für Patienten mit einem Pneumothorax in der Anamnese oder für Menschen mit Klaustrophobie.

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