Unterschätzte Infektionsquellen
Fast alle Computertastaturen verkeimt
Die Tastaturen und Computermäuse in Kliniken und Arztpraxen sind meist stark mit Erregern belastet – und nicht wenige mit multiresistenten Keimen.
Veröffentlicht:Das Wichtigste in Kürze
Frage: Wie stark sind Gerätetastaturen und Computermäuse in Kliniken und Praxen mit Keimen kontaminiert?
Antwort: Harmlose Keime lassen sich an fast allen Geräten nachweisen, Staphylokokken an jedem vierten und MRSA an jedem siebten.
Bedeutung: Peripheriegeräte sind mitunter eine unterschätzte Infektionsquelle.
Einschränkung: Bedeutung der Kontaminationen für nosokomiale Infekte bleibt unklar.
SEATTLE. Nosokomiale Infekte sind bekanntlich ein großes Problem in Kliniken und von vielen Personen genutzte Kontaktflächen wie Türgriffe die idealen Verbreitungswege.
Zu solchen Kontaktflächen zählen auch Tablets und Computerperipheriegeräte wie Tastaturen und Mäuse. Die einzelnen Geräte werden zwar nur von einem limitierten Personenkreis genutzt, dafür ist der Kontakt mit Fingern und Händen umso intensiver.
Kontamination von 2800 Geräten analysiert
Ärzte um Dr. Nicole Ide von der Universität in Seattle haben anhand einer Literaturrecherche geschaut, wie häufig über Kontaminationen solcher Geräte in Kliniken und Praxen berichtet wird.
Sie fanden insgesamt 75 Studien, von denen sich 50 auf eine Analyse der Keime beschränkten, in 25 Studien wurde auch der Nutzen von Desinfektionen geprüft. Insgesamt testeten Forscher in den Untersuchungen die Kontamination von 2800 Geräten – hauptsächlich waren dies Tastaturen. (BMJ Open 2019;9:e026437).
Irgendwelche Keime fanden sie in fast allen Studien an fast allen untersuchten Geräten, die Kontaminationsrate betrug im Schnitt 97 Prozent. In einer Studie auf Intensivstationen waren immerhin nur 24 Prozent der Geräte kontaminiert.
Zumeist handelte es sich bei den Keimen um wenig gefährliche Hautbewohner, doch wurden nicht selten auch potenzielle Pathogene gefunden, am häufigsten Staphylococcus aureus. Diesen Keim fanden die Forscher im Schnitt bei 28 Prozent aller Geräte; die Bandbreite variierte je nach Studie aber beträchtlich und lag zwischen 1 Prozent und 94 Prozent.
Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) wurden im Schnitt in 14 Prozent der Proben nachgewiesen, bei einer vergleichbaren Bandbreite: In einigen Kliniken und Praxen waren also fast alle untersuchten Tastaturen und Mäuse MRSA-kontaminiert, in vielen dagegen keine. Vancomycin-resistente Keime entdeckten die Forscher im Schnitt bei knapp 4 Prozent aller Geräte (0 bis 12 Prozent), Clostridium difficile bei 8 Prozent (0 bis 28 Prozent).
Weniger Infekte nach Desinfektion
Von den 25 experimentellen Studien zur Desinfektion berichten 14 über eine signifikante Reduktion der Keimzahl durch diverse Mittel wie Isopropanol, Chlorhexidin oder UV-Licht.
In den übrigen neun Studien gelang dies nicht oder die Forscher konnten die Resultate nicht klar interpretieren.
In fünf der Studien wurde geprüft, ob spezielle Desinfektionsprogramme die Kontamination und Infektion von Ärzten, Pflegekräften sowie Patienten reduzieren.
In drei der Studien gingen mit solchen Programmen Infektionsraten von MRSA und anderen pathogenen Keimen zurück, allerdings sei fraglich, ob es hier einen kausalen Zusammenhang gebe, schreiben Ide und Mitarbeiter.
Unterm Strich zeigten die Studien, dass fast alle Tastaturen und Mäuse in Kliniken und Praxen mit Keimen kontaminiert seien, nicht wenige auch mit Pathogenen. Wie relevant solche Kontaminationen für die Sicherheit von Patienten sind, sei jedoch unklar.
Auch welche Desinfektionsmethoden den größten Erfolg versprechen, lasse sich nicht sagen, dazu seien die Studien zu heterogen, geben die Forscher zu bedenken.
Letztlich könnten Tastaturen und Mäuse aber eine bedeutsame und unterschätzte Kontaminations- oder gar Infektionsquelle darstellen, heißt es in dem Beitrag.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Infektiöse Hardware