Hinweis aus Studie

Steigern Vitamin-B-Präparate das Lungenkrebsrisko?

Die jahrelanger Einnahme hoch dosierter Vitamin-B6- oder -B12-Einzelpräparate ging in einer US-Kohortenstudie bei älteren Männern mit einem stark erhöhten Lungenkrebsrisiko einher. Besonders deutlich war die Assoziation bei Rauchern.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Zweifel angebracht: Falls sie nicht nützen, werden sie zumindest nicht schaden? Das gilt offenbar nicht für alle Vitaminpräparate.

Zweifel angebracht: Falls sie nicht nützen, werden sie zumindest nicht schaden? Das gilt offenbar nicht für alle Vitaminpräparate.

© Tijana87 / stock.adobe.com

COLUMBUS. Vitaminmangel kann DNA-Schäden und weitere schwere Folgen haben. Lange Zeit galten daher B-Vitamine als mögliche Kandidaten in der Krebsprävention. Bei Überdosierung allerdings kann der Nutzen leicht ins Gegenteil umschlagen. Dann wird die als Krebsprävention gedachte Supplementation leicht zum Risikofaktor.

Verschiedene Vitamine der B-Gruppe, darunter B6, Folat und B12, interagieren mit Homocystein und Methionin im Rahmen des C1-Stoffwechsels. Hier auftretende Störungen können die Zellumgebung und deren Physiologie verändern und damit möglicherweise die Krebsentstehung begünstigen. Die bislang publizierten Daten zu Assoziationen zwischen B-Vitaminen und Lungenkrebs sind allerdings nicht einheitlich.

Datenanalyse von 77.000 Probanden

Mit den Daten einer prospektiven Kohorte hat ein Team um Professor Theodore Brasky von der Ohio State University of Medicine in Columbus (USA) jetzt untersucht, wie sich die Supplementation von B-Vitaminen über einen Zeitraum von zehn Jahren auf das Lungenkrebsrisiko auswirkt (J Clin Oncol 2017, online 22. August). Die 77.118 Männer und Frauen der VITAL-Kohorte waren zu Studienbeginn 50 bis 76 Jahre alt und nahmen regelmäßig Multivitaminpräparate, einzelne Vitamine oder Gemische wie Vitamin-B-Komplex-Präparate ein (= 1 x pro Woche über = 1 Jahr).

Kein Zusammenhang zwischen einer Vitamin-B6-, -B12- oder Folatsupplementation und dem Lungenkrebsrisiko konnte bei den Frauen festgestellt werden. Bei den Männern, die regelmäßig B-Vitamine in Form von Einzelpräparaten zuführten, zeigte sich dagegen ein um 30 bis 40 Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko.

Den größten Nachteil hatten dabei Männer, die über die zehn Jahre hinweg im Mittel die höchste Dosis an Vitamin B6 (> 20 mg/d) oder B12 (> 55 µg/d) zugeführt hatten. Ihr Risiko verdoppelte sich nach der multivariablen Analyse unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren einschließlich Alter und Raucherstatus nahezu gegenüber denjenigen, die nicht supplementierten (adjustierte Hazard Ratio, HR 1,82 für Vitamin B6 und 1,98 für B12). Abgesehen vom Adenokarzinom, für das sich kein Zusammenhang ergab, waren die Risiken über alle histologischen Lungenkarzinomtypen ähnlich verteilt.

Keine Effekte zeigten sich bei Studienteilnehmern, die Multivitaminpräparate oder hochdosiertes Folat als Einzelpräparat (> 600 µg/d) eingenommen hatten.

Hohes Krebsrisiko bei Rauchern

Besonders gefährdet waren Männer, die zu Studienbeginn rauchten. Deren Lungenkrebsrisiko war in der Gruppe mit höchster Dosierung beim Vitamin B6 nahezu dreimal und unter Vitamin B12 fast viermal so hoch wie das Risiko von Rauchern ohne Vitamin-B-Supplementation.

Die Risiken veränderten sich im Wesentlichen nicht, wenn außer den supplementierten Vitaminen auch der Vitamingehalt der Nahrung bei der Analyse berücksichtigt wurde.

Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen erklären sich die Forscher unter anderem durch unterschiedliche Anfälligkeiten für tabakinduzierten Lungenkrebs. Die Supplementation hoher Dosen Vitamin B6 und B12 über längere Zeit hinweg könne möglicherweise das Zellwachstum anregen und bei Rauchern in bereits mutierten Zellen die Krebsentstehung begünstigen. Da bei der Regulation der entsprechenden Vitamin-B-Stoffwechselwege Androgene im Spiel seien, so die Autoren, könnten diese den Prozess bei den Männern gegebenenfalls verstärken.

C1-Stoffwechsel

» Der C1-Stoffwechsel umfasst biochemische Reaktionen, bei denen Verbindungen mit einem Kohlenstoffatom übertragen werden (zum Beispiel Methyl- oder Methylen-Gruppen).

» Als notwendiges Kosubstrat dient dabei unter anderem Folat.

» Die C1-Reste der Kosubstrate entstehen vorwiegend innerhalb des Aminosäurestoffwechsels.

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