Ask-and-Tell-Technik

Kopfschmerz-Patienten nicht mit "Ja-Nein-Fragen" löchern!

Im Gespräch mit Migränepatienten kommen offenbar wichtige Aspekte zu kurz: Laut US-Studie gehen Ärzte durch ihre Fragen zu wenig auf die Patienten ein. Die Forscher geben Medizinern eine Technik an die Hand, mit der die Versorgung besser gelingt – ohne höheren Zeitaufwand.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Durch offene Fragen sollten Kopfschmerzpatienten die Gelegenheit bekommen, die ganze Bandbreite ihrer Beschwerden zu schildern.

Durch offene Fragen sollten Kopfschmerzpatienten die Gelegenheit bekommen, die ganze Bandbreite ihrer Beschwerden zu schildern.

© WavebreakMediaMicro / stock.adobe.com

NEW YORK. Im Dialog mit Migränepatienten ist eine patientenzentrierte Gesprächsführung enorm wichtig; dies haben bereits die Ergebnisse der AMCS-II-Studie (American Migraine Communication Study II) von 2008 nahegelegt. Anstelle den Patienten mit geschlossenen Fragen einzuengen, so lautete die Kernbotschaft, sollte man ihn ermutigen, seine Beschwerden und auch die damit verbundenen Beeinträchtigungen im Alltag frei zu schildern (Curr Med Res Opin 2008; 24: 1711–1718).

In der Studie führte die sogenannte "Ask-and-Tell-Technik" ohne erhöhten Zeitaufwand zu einer deutlich verbesserten Arzt-Patienten-Kommunikation und so zu einer besseren Patientenversorgung.

Wie sehr es damit offensichtlich in der Praxis hapert, zeigt nun eine prospektive Beobachtungsstudie aus New York (Headache 2018; online 4. Mai). Das Team um Dawn C. Buse vom Albert Einstein College of Medicine und Montefiore Headache Center ließ darin 14 erfahrene Neurologen ihre Gespräche mit Migränepatienten (zu 94 Prozent handelte es sich um Frauen) aufzeichnen.

Die Vorgabe war, dass es sich in allen Fällen um Patienten mit chronischer Migräne handeln sollte. 35 Dialoge konnten schließlich ausgewertet werden. Diese dauerten im Mittel elf Minuten und beinhalteten 17 kopfschmerzbezogene Fragen.

Geschlossene Fragen überwogen

Geschlossene Fragen, die nur entweder ein "Ja" oder "Nein" oder eine sehr kurze Antwort erlaubten, überwogen mit einem Anteil von 82 Prozent deutlich. Dies lässt aus Sicht der Forscher Kommunikationsdefizite erkennen: "Dialoge, die so geführt werden", so die Autoren, "lassen den Patienten keine Möglichkeit, das ganze Spektrum ihrer Erkrankung zu schildern, und tragen damit zur Unterdiagnostik bei."

Nur in etwas mehr als der Hälfte der Gespräche wurde auf Kopfschmerzcharakteristika wie Lokalisation, Schmerztyp und Begleitsymptome eingegangen. Zwar fragte der Arzt in 77 Prozent der Fälle nach der Kopfschmerz- oder Migränefrequenz, allerdings wurde dabei meist die Formulierung "wie viele" oder "wie oft" in Zusammenhang mit einer bestimmten Zeitspanne – meist pro Woche oder Monat – verwendet.

Kommunikationsdefizite?

Wie die Autoren um Buse betonen, lautet das allgemein akzeptierte Kriterium für chronische Migräne "Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat über mindestens drei Monate". Von drei Monaten war jedoch in keinem Dialog die Rede. Die Forscher monieren zudem, dass der Spezialist in der Regel die Antwort vorwegnahm, indem er etwa fragte: "Sie haben das jeden Tag?" (Antwort der Patientin: "Ja.")

Kopfschmerzbezogene Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten und deren Einfluss auf die Lebensqualität kamen nur in acht Fällen (23 Prozent) zur Sprache, wobei sich der Arzt diesem Aspekt ausschließlich mit geschlossenen Fragen widmete.

In keinem der aufgezeichneten Dialoge wurde schließlich darüber geredet, wie es dem Patienten zwischen den Attacken ging. Dabei, so die Autoren, seien solche Informationen "wichtig für die Therapieplanung".

Der Begriff "chronische Migräne" fiel selten, und wenn, dann meist in Zusammenhang mit einem bestimmten Präparat oder einer Substanzklasse, die sich bei dieser Form bewährt habe. Daraus schließen die Forscher, dass die Patienten nicht genügend über den chronischen Charakter ihrer Erkrankung aufgeklärt wurden. Dies müsse den Betroffenen und ihren Familien jedoch klar gemacht werden, auch um das Ausmaß der Belastung richtig einzuschätzen.

Prävention kam zu kurz

Deutlich zu kurz kam schließlich auch die Prävention. Die Möglichkeit einer präventiven Medikation wurde nur in 37 Prozent erwähnt, wobei der Arzt auch hier meist nur ein bestimmtes Präparat nannte ("Würden Sie denn wieder xy nehmen?"), manchmal sogar ohne mit dem Patienten über den Einnahmemodus und mögliche Nebenwirkungen zu sprechen. Erwartungen und Ziele der medikamentösen Prävention blieben komplett außen vor.

Musterdialoge für die Praxis können der AMCS-II-Studie entnommen werden. Nach Buse und Kollegen kann man das Gespräch etwa mit dieser Frage einleiten: "An wie vielen Tagen im letzten Monat hatten Sie Kopfschmerzen, egal welcher Stärke?" Unbedingt gehöre auch die Frage nach kopfschmerzfreien Tagen dazu, ebenso wie die nach kopfschmerzbedingten Einschränkungen.

Ein wichtiges Anliegen der Autoren: offene Fragen stellen, um dem Patienten Gelegenheit zu geben, die ganze Bandbreite seiner Beschwerden zu schildern.

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