Mythos oder Wahrheit
Ist Joggen schlecht fürs Knie?
Ob Joggen den Knien schadet, ist seit jeher umstritten. Sportmediziner haben die aktuelle Studienlage jetzt intensiv unter die Lupe genommen.
Veröffentlicht:NOTTINGHAM. "Die Frage, ob Hobbyläufer eine Kniearthrose riskieren, entzieht sich einer definitiven Antwort." So lautet das Fazit eines Übersichtsartikels von Sportmedizinern um Richard Leech (University of Nottingham), betreffend den Einfluss des Joggens unterhalb der Schwelle zum Leistungssport auf pathologische Veränderungen im Kniegelenk (Br J Sports Med 2015, online 28. Juli).
Denn die Studienlage zu Knieproblemen von Freizeitläufern krankt an methodischen Mängeln.
Einer dieser Mängel: Joggen ist bisher relativ selten separat untersucht worden. Meist taucht es in einer Liste von sportlichen Aktivitäten bestimmter Intensität auf, die dann eine Gruppenanalyse durchlaufen.
Meist kein Zusammenhang mit Arthroserisiko
Sofern sich dann am Ende eine Risikoerhöhung ergibt, bezieht sie sich nicht aufs Laufen allein. Hinzu kommt, dass die Kriterien für die Laufbelastung und die Diagnose einer Arthrose variieren.
Wo explizit das Joggen unter die Lupe genommen wurde, haben die beteiligten Forscher zumeist keinen Zusammenhang zwischen der sportlichen Kniebelastung und dem Arthroserisiko gefunden.
Anders stellte sich die Lage für Langstrecken laufende Leistungssportler dar: Sie tun ihren Knien nichts Gutes und tragen ein signifikant erhöhtes Arthroserisiko.
In einer kleinen Studie mit 20 Läufern allerdings waren degenerative Gelenkveränderungen im Knie signifikant mit einer längeren Läuferkarriere, gemessen an der Zahl der Läuferjahre, assoziiert. Die Vergleichsgruppe bildeten Läufer mit gesunden Knien.
Einen Unterschied in der wöchentlich gelaufenen Strecke gab es nicht. Aber die beiden Gruppen waren nicht nach dem Alter der Beteiligten abgeglichen. Außerdem hatten Läufer mit Arthrose mehr Verletzungen in der Vorgeschichte.
Wie viel Laufen ist noch gesund?
"Wie sich die Kurve gestaltet, die ein Bild des höheren oder niedrigeren Arthroserisikos je nach Laufbelastung zeichnet, ist unbekannt", schreiben Leech und Mitarbeiter. Kann man auch zu viel laufen? Und wenn ja, wie viel Lauferei ist noch gesund?
Das Ermitteln einer Dosis-Wirkungs-Beziehung und individualisierter Risiken für das Laufen wäre nach Ansicht der Sportmediziner bahnbrechend. Dazu bedürfte es prospektiver longitudinaler Beobachtungsstudien, in die dann auch jüngere Läufer einzubeziehen wären.
Denn die Ergebnisse der gegenwärtigen Laufforschung sind systematisch verzerrt, weil sie im Wesentlichen von älteren Läufern stammen. Ob man aber aus den Befunden jener Glücklichen, die im Alter noch laufen können, allgemeine Schlüsse ziehen kann, ist zweifelhaft.
All dies geben Leech und sein Team den Läufern mit auf die Strecke. Sie gestehen durchaus zu, die vorhandenen Daten sprächen dafür, im Hobbylaufen keinen Risikofaktor für Arthrose zu sehen. Doch definitiv lässt sich das, wie erwähnt, nicht bestätigen.