Versandhandel

DocMorris will gegen Apothekenreform klagen

Der Versandhändler DocMorris sieht sich durch die von der Bundesregierung geplante Apotheken-Reform benachteiligt. Gleichzeitig setzt das Unternehmen auf Kooperationen mit stationären Apotheken in Deutschland.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Versandhandel mit Medikamenten: Für Verbraucher eine Ergänzung zum Gang in die Apotheke vor Ort.

Versandhandel mit Medikamenten: Für Verbraucher eine Ergänzung zum Gang in die Apotheke vor Ort.

© 001abacus / Getty Images / iStock

HEERLEN. Der Versandhändler DocMorris will bei der von der Bundesregierung geplanten Apotheken-Reform notfalls vor Gericht ziehen. „Wir würden alle unsere rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte DocMorris-Chef Olaf Heinrich der dpa. „Die Bundesregierung würde damit ein ähnliches Desaster erleben wie mit der Pkw-Maut.“

Er rechnet aber ohnehin damit, dass die Bundesregierung die Bewertung durch die EU-Kommission abwartet und noch einlenkt. „Das Gesetz wird so nicht kommen, denn es ist offensichtlich, dass es europarechtswidrig ist“, zeigt sich Heinrich überzeugt.

Das Bundeskabinett brachte Mitte Juli ein Gesetzespaket auf den Weg, mit dem Apotheken vor Ort insgesamt gestärkt werden sollen. Dazu gehört unter anderem, dass Apotheken aus dem EU-Ausland keine Rabatte mehr für verschreibungspflichtige Medikamente anbieten dürfen, die in der GKV versicherten Patienten per Kassenrezept verordnet werden. Stattdessen müssen sie an den hiesigen Festpreisen festhalten.

Was der Branchenverband ABDA als Schutz der Patienten vor Diskriminierung begrüßte, wäre für DocMorris ein Rückschlag. Denn das Unternehmen mit Firmensitz im niederländischen Heerlen unweit von Aachen gewährt seinen Kunden in Deutschland bisher einen Bonus von 2,50 Euro pro Arzneimittel auf dem Rezept. Und mit dem Verkauf von „Rx-Präparaten“ machte DocMorris zum Beispiel 2017 immerhin nach eigenen Angaben knapp zwei Drittel seiner Umsätze.

Warum DocMorris Boni bislang anbieten darf

Dass Docmorris und andere Apothekenanbieter aus dem EU-Ausland überhaupt von den Preisen verschreibungspflichtiger Medikamente per Boni abweichen dürfen, ist auf ein Urteil des EuGH aus dem Jahr 2016 zurückzuführen. Die Richter sahen eine Wettbewerbsbenachteiligung ausländische Anbieter: Die hiesige Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel wurde als ungerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs eingestuft.

Seither wurde von Seiten der Apothekerschaft versucht, durch ein generelles Rx-Versandverbot zu erreichen, dass solche Boniangebote von Apotheken aus dem Ausland, die wiederum hiesigen Apotheken untersagt sind, vom Tisch kommen. Nach vielen Hin und Her und unterschiedlich intensiven Bestrebungen aus der Politik dieses Unterfangen der Apothekerschaft zu unterstützen, war das Thema Rx-Versandverbot dann unter Jens Spahn endgültig vom Tisch.

Stattdessen wurde über das Apothekenstärkungsgesetz ein anderer Weg angestrebt – zunächst mit einer Deckelung der Boni, in der jüngsten Fassung mit einem anderen Dreh. Da sich der EuGH in seiner Rechtsprechung nämlich auf das Arzneimittelrecht bezieht, soll die neue Preisregelung für Rx-Medikamente für GKV-Versicherte nun in der Sozialgesetzgebung ihren Platz finden. Für den DocMorris-Chef Heinrich ein „Taschenspielertrick“.

DocMorris will mit Apotheken vor Ort kooperieren

Ungeachtet des Ärgers über das Gesetzesvorhaben peilt DocMorris nach Angaben Heinrich dennoch eine enge Kooperation mit lokalen Apothekern an. Hier will das Unternehmen eine Internet-Plattform anbieten, auf der ortsansässigen Apotheker eigene Angebote einstellen könnten – zwecks engerer Vernetzung von Online-Handel und stationären Pharmazeuten. Patienten die Medikamente künftig online bestellen, sollen dann festlegen können, in welcher stationären Apotheke sie das Präparat noch am selben Tag mitnehmen oder ob sie es über den Versandweg beziehen wollen. Zudem könnte so eine Plattform Apothekern mehr Daten als bisher liefern.

Würden sich in der deutschen Apothekerschaft überhaupt Partner für eine solche Kooperation melden? Heinrich ist überzeugt: „Die Bereitschaft ist da.“ Doch DocMorris bleibt für viele Apotheker ein rotes Tuch. Sie sehen die Arbeit des Online-Konkurrenten sehr kritisch, wie ein kurzer Blick in die Foren der Apothekermedien im Internet zeigt. (mit dpa-Material)

Geschäftszahlen von DocMorris

DocMorris gehört zum Schweizer Handelskonzern Zur Rose. Die Tochterfirma sitzt im niederländischen Heerlen direkt hinter der Grenze unweit von Aachen. Das Unternehmen mit etwa 600 Mitarbeitern ist nach eigenen Angaben auf Wachstumskurs, 2017 machte es einen Umsatz von 370 Millionen Euro und damit 39 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Seit 2018 werden keine Firmenzahlen mehr kommuniziert, seither fließt DocMorris ins Deutschlandgeschäft von Zur Rose ein.

Der Deutschlandumsatz von Zur Rose lag 2018 bei 671 Millionen Euro, knapp 39 Prozent über dem Vorjahreswert – der größte Teil entfiel auf DocMorris. 2018 übernahm der Schweizer Pharmahändler zudem zunächst das unter dem Namen „Apo-rot“ geführte Versandhandelsgeschäft der Hamburger Apotheke am Rothenbaum, im Herbst dann Medpex, das Versandhandelsgeschäft der Ludwigshafener Stifts-Apotheke. Und auch beim Thema E-Rezept ist das Unternehmen rührig und bereitet mit Fachärzten einen Testlauf zur digitalen Verordnung vor.

Bei den Gewinnzahlen von Zur Rose sieht es weniger rosig aus. Dem Geschäftsbericht 2018 schriebt das Unternehmen rote Zahlen mit einem Minus beim Unternehmensergebnis insgesamt von 39,1 Millionen Schweizer Franken.

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