Gesundheitsämter

Aufgaben wachsen, Gehälter nicht

Der Öffentliche Gesundheitsdienst bekommt immer mehr Tätigkeiten zugewiesen, schafft es aber wegen der vergleichsweise geringen Bezahlung nicht, Nachwuchsärzte zu gewinnen.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Die Einschulungsuntersuchung zur Feststellung der Schulreife gehört zu den Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Die Einschulungsuntersuchung zur Feststellung der Schulreife gehört zu den Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes.

© picture alliance / JOKER

OSNABRÜCK. Die Mediziner im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) suchen dringend Nachwuchs. "Aber wie viele Stellen in Deutschland und in den einzelnen Bundesländern unbesetzt sind, wissen wir nicht", sagt Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) anlässlich des am Donnerstag eröffneten BVÖGD-Jahreskongresses in Osnabrück. Unterdessen wachsen die Aufgaben an den ÖGD. Vor 20 Jahren habe das Statistische Bundesamt die Zählung eingestellt, und 2016 hat die Gesundheitsministerkonferenz beschlossen, sie wieder aufzunehmen. Geschehen sei bisher aber nichts.

Gehaltsniveau wie Berufsanfänger

Klar ist: Die Nachwuchs-Ärzte für den ÖGD stehen nicht vor den Gesundheitsämtern Schlange. "Das ist kein Wunder", sagt Teichert. "Denn die Ärztinnen und Ärzte im ÖGD verdienen im Schnitt 1000 Euro bis 1500 Euro weniger im Monat als ihre vergleichbaren Klinikkollegen." Fachärzte, die aus der Klinik in ein Gesundheitsamt wechseln möchten, würden dort auf das Gehaltsniveau eines Berufsanfängers zurückgestuft. "Bei manchen Vorstellungsgesprächen müssen wir fürchten, dass die Kandidaten aufstehen und den Raum verlassen, wenn wir auf das Gehalt zu sprechen kommen", sagt Teichert. Bereits vor Eröffnung des Kongresses demonstrierten Teilnehmer für eine Angleichung der Tarife der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst mit anderen Arztgruppen.

Die Tarifverhandlungen mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden treten seit sieben Jahren auf der Stelle, hieß es. Der Berufsverband fordert daher, auch die ÖGD-Ärzte nach den Tarifabschlüssen des Marburger Bundes (MB) für Klinikärzte zu bezahlen. "Alles andere ist für uns eine Katastrophe, die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern geht Jahr für Jahr zurück, wir bekommen so keinen Nachwuchs mehr", so Teichert.

Unterdessen wachsen die Aufgaben etwa im Meldewesen, der Impfberatung und der Hygienekontrolle, "aber die Bezahlung und die Personalausstattung wächst nicht", sagt Teichert. "Die zusätzlichen Aufgaben werden einfach auf dem Rücken der Gesundheitsämter abgeladen."

Positiv sieht die Vorsitzende den Berliner Koalitionsvertrag. Erstmals sei in einer Koalitionsvereinbarung einer neuen Bundesregierung von einer Stärkung des ÖGD die Rede. "Wir stehen für eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes ein", schreiben die Koalitionäre. Und Teichert antwortet: "Wir sind gespannt, wie die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Bundesländern ihre Vorstellungen hierzu konkretisiert und bieten hierbei ausdrücklich unsere Mitwirkung an."

Kontakt im Studium fehlt

Außer einer besseren Bezahlung streitet der BVÖGD dafür, dass Medizinstudenten den ÖGD schon in ihrer Ausbildung besser wahrnehmen können. Das Fach Öffentlicher Gesundheitsdienst fehle in der Medizinerausbildung fast ganz, hieß es. So hätten junge Ärzte während ihres Studiums auch keinen Kontakt zum öffentlichen Gesundheitswesen. "Deshalb fordern wir, dass der ÖGD als Fach wenigstens in die Approbationsordnung aufgenommen wird und Lehrstühle eingerichtet werden, damit junge Ärzte regelhaft in Kontakt mit unseren wichtigen Aufgaben kommen", sagt Teichert.

Auf dem 68. Jahreskongress befassen sich die 700 Teilnehmer noch bis Samstag mit Prävention, Armut und gesundheitlicher Chancengleichheit bei Kindern und Jugendlichen, mit neuen Wegen in der Gesundheitsvorsorge oder Fragen des Infektionsschutzes.

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