Umfrage

Fast jeder Zweite für Widerspruchslösung

Fast 10 000 Patienten in Deutschland warten auf Organe. Die große Mehrheit der Menschen hierzulande ist für Organspenden. Die von Bundestagsabgeordneten vorgeschlagene sogenannte Widerspruchslösung spaltet einer Umfrage zufolge jedoch.

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Im Transplantationszentrum am Universitätsklinikum wird eine von einem gesunden Spender vor wenigen Minuten entnommene Niere von Prof. Dr. Daniel Seehofer (l) und Fachärztin Katrin Semmling für die Transplantation beim Empfänger vorbereitet.

Im Transplantationszentrum am Universitätsklinikum wird eine von einem gesunden Spender vor wenigen Minuten entnommene Niere von Prof. Dr. Daniel Seehofer (l) und Fachärztin Katrin Semmling für die Transplantation beim Empfänger vorbereitet.

© picture alliance/Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/ZB

BERLIN. Die meisten Menschen in Deutschland stimmen lebensrettenden Organspenden zu – weit weniger allerdings befürworten dabei einer neuen Umfrage zufolge die sogenannte Widerspruchslösung. Laut einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland sprachen sich 47 Prozent der Befragten dafür aus, 38 Prozent dagegen, 15 Prozent machten keine Angaben.

Bei der Widerspruchslösung gilt jeder Bürger so lange als Organspender, bis er dem ausdrücklich widerspricht. Nach einer im Juli 2018 veröffentlichten Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen 84 Prozent der Deutschen der Organ- und Gewebespende positiv gegenüber.

Zahlreiche Bundestagsabgeordnete streben eine Neuregelung an. So sieht eine Gruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach eine „doppelte Widerspruchslösung“ vor: Alle Volljährigen sollen automatisch als Organspender gelten. Man könnte dazu aber noch Nein sagen. Sonst wäre - als doppelte Schranke – auch bei Angehörigen nachzufragen.

Eine andere Gruppe von Abgeordneten um Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping will, dass alle Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das Thema Organspende angesprochen werden. Ihr Gesetzentwurf sieht dafür ein neues bundesweites Online-Register vor. Dort soll man seine Entscheidung für oder gegen eine Organspende nach dem Tod eintragen und auch ändern können.

Über die Entwürfe soll der Bundestag voraussichtlich im Herbst ohne Fraktionsvorgaben entscheiden. Ziel ist es, angesichts von fast 10.000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen. Die Zahl der Spender war nach langem Abwärtstrend 2018 erstmals wieder spürbar gestiegen – auf 955. Organentnahmen sind bislang nur erlaubt, wenn der Spender oder die Angehörigen ausdrücklich Ja sagen.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprach sich für die Widerspruchslösung aus. „Ich halte sie für die Lösung, die uns langfristig am besten weiterbringen wird“, sagte Montgomery der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld des Deutschen Ärztetags in Münster. Er erinnerte daran, dass sich die Delegierten des Deutschen Ärztetags bereits im vergangenen Jahr für die Widerspruchslösung ausgesprochen hätten.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, monierte dagegen, die jüngste Umfrage zur Widerspruchslösung lasse daran zweifeln, dass die Einführung eine deutliche Steigerung der Organentnahmen bringen würde. Denn der Gesetzentwurf von Spahn und Lauterbach habe keine Mehrheit. Die Widerspruchslösung mobilisiere offensichtlich Ablehnung. (dpa)

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