Gefährliche Sucht

Alkohol kostet 20 Jahre

Alkohol - ein Gift, das Lebenszeit raubt. Eine neue Studie zeigt: Alkoholsüchtige leben deutlich kürzer als Abstinenzler, besonders gravierend ist der Effekt bei Frauen. Auch Entzugstherapien haben darauf offenbar keinen Einfluss.

Veröffentlicht:
Alkoholfolge: Wer süchtig ist, wird das 82. Lebensjahr kaum erreichen.

Alkoholfolge: Wer süchtig ist, wird das 82. Lebensjahr kaum erreichen.

© imagebroker / imago

GREIFSWALD (dpa). Alkoholabhängige haben im Vergleich zu Nie-Alkoholabhängigen eine um 20 Jahre geringere Lebenserwartung, berichten Forscher aus Greifswald und Lübeck.

In einer repräsentativen Studie mit mehr als 4000 Probanden im Raum Lübeck starben alkoholabhängige Frauen im Mittel mit 60, Männer mit 58 Jahren.

"Keiner der gestorbenen Alkoholabhängigen hatte das durchschnittliche Lebensalter von 82 Jahren für Frauen und 77 Jahren für Männer erreicht", sagte der Leiter der Studie, der Greifswalder Epidemiologe Professor Ulrich John.

"Uns hat die im Vergleich zum Rauchen besonders starke Lebenszeitverkürzung überrascht." Viele durch das Rauchen bedingte Krebserkrankungen führten oft erst später - im Alter von deutlich über 60 Jahren - zum Tode.

Die Ergebnisse sollen im Januar im US-Fachblatt "Alcoholism: Clinical & Experimental Research" (ACER) erscheinen.

Studie über 14 Jahre

Die Experten hatten im Jahr 1996 die Gesundheitsdaten von 4070 Einwohnern der Region Lübeck gesammelt und über 14 Jahre beobachtet, darunter auch 149 Alkoholabhängige (119 Männer und 30 Frauen).

Verglichen mit der jeweils gleichaltrigen Normalbevölkerung war die Sterberate von Alkoholikerinnen um das 4,6-fache erhöht, von männlichen Alkoholikern um das 1,9-fache. Woran die Betroffenen genau starben, wurde nicht untersucht.

"Wir gehen aber davon aus, dass die Alkoholabhängigkeit die dominierende Erkrankung war", sagte John. Erstaunt waren die Forscher über die großen geschlechtsspezifischen Unterschiede.

"Frauen scheinen schneller und stärker als Männer mit Erkrankungen auf Alkoholkonsum zu reagieren als Männer", sagte John. Warum die Unterschiede in der Sterberate so groß sind, konnten die Forscher bislang nicht erklären.

Die geringere Körpermasse sei allein kein ausreichendes Argument."Frauen müssen beherzigen, dass sie deutlich weniger Alkohol konsumieren dürfen als Männer."

Der international anerkannte Richtwert liegt bei einer maximalen Tagesmenge von 12 Gramm für Frauen (ein Achtelliter Wein oder ein Viertelliter Bier) und 24 Gramm (ein Viertelliter Wein oder ein halber Liter Bier) für Männer.

Therapien zu spät angesetzt

Den Ergebnissen zufolge hatte eine Alkoholtherapie keine positive Auswirkung auf die Lebenserwartung. 23 Prozent der Suchtkranken hatten eine mehrmonatige Entwöhnungstherapie absolviert. Diese Therapien setzen nach Ansicht der Sozialmediziner bei uns zu spät an.

Sie fordern auch eine neue Debatte über die Alkoholprävention im Hochkonsumland Deutschland. Wirksame Instrumente wären etwa Preiserhöhungen, Verkaufsverbote an Tankstellen oder striktes Alkoholverbot am Steuer.

Nach internationalen Standards gilt als alkoholabhängig, wer drei der folgenden Kriterien mindestens einen Monat lang erfüllt: starkes, unwiderstehliches Verlangen nach Alkohol, verminderte Kontrollfähigkeit auf Menge und Dauer des Alkoholkonsums, körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern, Gewohnheitseffekt (um die gewünschte Wirkung zu erreichen, sind zunehmend größere Mengen notwendig), zunehmende Einengung der Interessen auf den Alkoholkonsum und anhaltender Alkoholkonsum trotz Erkrankungen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Hohe Dunkelziffer

Suchtbericht MV: Alkohol weiterhin größtes Problem

„ÄrzteTag“-Podcast

Tanorexie – wann wird Sonnenbaden zum Zwang, Professor Baune?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

EvidenzUpdate-Podcast

Hoffnung und Kollaps – wie Lecanemab uns herausfordert

Lesetipps
Ein sich auftürmender Geldstapel.

© Sascha Steinach/ZB/picture alliance

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

 Hausarzt Werner Kalbfleisch

© Südwest Presse / Verena Eisele

Ende eines jahrelangen Verfahrens vor den Prüfgremien

Hausarzt geht mit XXL-Regress in die Rente

Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert