Kommentar zum Thema Alkohol im Alter
Alkoholprävention bleibt wichtig
Zwar scheinen geringe Mengen Alkohol dem Hirn nicht zu schaden, sondern wohl sogar die Nervenzellen auf Trab zu halten. Aber wiegt dies Probleme wie das Suchtpotenzial oder die erhöhte Unfallgefahr auf?
Veröffentlicht:Es sind Studien, die Präventionsmedizinern sicher schwer im Magen liegen: Alkohol in Maßen genossen scheint nicht nur das kardiovaskuläre Risiko zu senken, sondern auch die Nervenzellen auf Trab zu halten. Immer mehr Studien finden auch für die Kognition eine J-förmige Verlaufskurve: Etwas Alkohol ist besser als keiner und besser als viel.
Konterkarieren solche Studien nun die Präventionsbemühungen vieler Suchtmediziner? Nein, das tun sie sicher nicht, denn niemand wird deswegen den Genuss von Alkohol empfehlen, dazu sind die möglichen positiven Effekte zu gering und die Risiken zu hoch, zudem liefern die Studien nur Assoziationen und keine Belege für einen Nutzen von Alkohol. Ein moderater Alkoholkonsum lässt sich kaum von anderen Lebensstilfaktoren trennen. Was da wie viel zu einem reduzierten Risiko beiträgt, bleibt offen.
Alkohol und geistige Fähigkeiten
Es darf auch gern ein zweites Gläschen sein
Allerdings sollte auch niemand den Fehler begehen, solche Studien aufgrund ihrer Unzulänglichkeiten als irrelevant zu betrachten, weil sie gerade nicht zur eigenen politischen Agenda passen. Dies geschieht leider viel zu oft. Umgekehrt wurden in den vergangenen Jahren immer wieder halbseidene Explorationsstudien zu Belegen für die Schädlichkeit bestimmter Substanzen hochgejazzt, die keiner seriösen statistischen Prüfung standhalten. Dies trifft vor allem auf Cannabis zu.
Wenn selbst Fachgesellschaften wie die Kardiologengesellschaft ESC auf solche Studien verweisen, stehen dahinter wohl eher politische als wissenschaftliche Motive. Diese schadet jedoch dem Ansehen der medizinischen Forschung, die neue Erkenntnisse gewinnen und nicht Wunschdenken bestätigen sollte.
Klar zu trennen ist daher die wissenschaftliche Evidenz von den daraus ableitbaren Empfehlungen, die durchaus politisch motiviert sein können: Es gibt genügend Gründe, vor Alkohol zu warnen – das Suchtpotenzial, die erhöhte Unfallgefahr, das Risiko für Gewalttaten. Auch wenn geringe Mengen Alkohol dem Hirn nicht schaden, durch diese Erkenntnis ändert sich nichts an den anderen Problemen.
Schreiben Sie dem Autor: thomas.mueller@springer.com