Überraschender Erfolg

Alzheimer drei Jahre lang gestoppt

Erstmals ist es gelungen, den Verlauf der Alzheimerkrankheit über drei Jahre hinweg komplett zu aufzuhalten: In dieser Zeit bauten die Patienten nicht weiter geistig ab. Doch ein Wermutstropfen bleibt.

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Zuhause vergessen: Bei Alzheimer tun sich neue Therapieoptionen auf.

Zuhause vergessen: Bei Alzheimer tun sich neue Therapieoptionen auf.

© dpa

TORONTO (mut). Erstmals ist es gelungen, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit über drei Jahre hinweg komplett aufzuhalten: In dieser Zeit bauten die Patienten nicht weiter geistig ab, die kognitive Funktion blieb konstant.

Die gute Nachricht ist: Man kann Alzheimer offenbar aufhalten. In Jubel ausbrechen sollte man aber noch nicht, denn diese Aussage basiert lediglich auf den Erkenntnissen von vier Patienten, deren Zustand sich unter einer dreijährigen Therapie mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen (IVIG) nicht weiter verschlechtert hat.

Zudem - und das ist der Wermutstropfen - gäbe es wohl kaum genug IVIG, um damit auch nur einen Bruchteil der weltweit wachsenden Zahl von Alzheimerpatienten zu behandeln.

Denn bislang werden die Immunglobuline aus Spenderplasma gewonnen und auch für viele andere Erkrankungen wie Immundefekte und Leukämien sowie für Transplantationen dringend benötigt.

Dennoch: Was jetzt Wissenschaftlern gelungen ist, könnte sich als Wendepunkt in der Alzheimertherapie herausstellen - falls sich die Ergebnisse in einer nun fast beendeten Phase-III-Studie mit 390 Patienten bestätigen lassen.

Auf einem Kongress der Alzheimer's Association International Conferencein Toronto präsentierte Dr. Norman Relkin vom Weill Cornell Medical College in New York City Daten einer erweiterten Phase-II-Studie mit IVIG-Therapie (AAIC 2012; Abstract P3-381).

0,4 Gramm zeigten die beste Wirkung

24 Patienten mit leichtem bis moderatem M. Alzheimer bekamen sechs Monate lang Immunglobuline oder Kochsalzlösung (Placebo). Vier Gruppen mit jeweils vier Patienten erhielten entweder 0,2 g IVIG/kg alle zwei Wochen, 0,4 g/kg alle zwei oder vier Wochen oder 0,8 g/kg alle vier Wochen.

Die übrigen acht Patienten bekamen Placebo. Nach sechs Monaten ergab sich ein Vorteil für die Immuntherapie beim ADAS-cog-Wert sowie beim klinischen Gesamteindruck.

Dann wurde die Studie offen ein Jahr fortgeführt, wobei alle Patienten IVIG in unterschiedlichen Dosierungen bekamen. Schließlich wurde den Patienten nochmals eine Verlängerung um 18 Monate angeboten, dieses Mal mit der einheitlichen Dosis von 0,4 g/kg alle zwei Wochen, da diese die beste Wirksamkeit zeigte.

Überraschend: Bei den vier Patienten, die drei Jahre lang 0,4 g IVIG/kg alle zwei Wochen erhalten hatten, konnte die Krankheitsprogression gestoppt werden.

Auf verschiedenen Kognitionsskalen, beim klinischen Gesamteindruck und auch bei den neuropsychiatrischen Symptomen verschlechterten sich die Werte nicht.

Daten der Phase-III-Studie im nächsten Jahr

"Wenn wir einen Alzheimerpatienten sehen, dessen Zustand über eineinhalb bis zwei Jahre stabil bleibt, dann zweifeln wir in der Regel an der Diagnose. Haben wir zwei davon, dann zweifeln wir an unseren diagnostischen Fähigkeiten. Gleich vier Patienten zu sehen, deren Zustand sich drei Jahre lang nicht verändert, das ist schon bemerkenswert", sagte Relkin dem Online-Portal MedPage Today.

Patienten, die zunächst Placebo oder andere IVIG-Dosierungen erhalten hatten, profitierten ebenfalls von der Immuntherapie: Bei ihnen kam es zwar zu einem kognitiven Abbau, allerdings wurde er ab dem Zeitpunkt verlangsamt, zu dem die Immuntherapie begonnen wurde.

Unter den polyklonalen Antikörpern für die IVIG-Therapie befinden sich auch solche gegen Beta-Amyloid. Damit erklärt man sich einen Teil der Wirksamkeit. Zudem wird vermutet, dass die Antikörper Entzündungen bremsen, wie sie bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten.

Mitte 2013 werden Resultate der Phase-III-Studie mit dem IVIG-Präparat Gammagard erwartet. Sollten diese ebenfalls positiv ausfallen, scheint eine Immuntherapie gegen Alzheimer in greifbarer Nähe.

Langfristig könnte eine solche Therapie auch mit einer aktiven Impfung oder einfacher herzustellenden monoklonalen Antikörpern erfolgen. Beide Strategien werden derzeit ebenfalls in Studien geprüft.

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