Demenz
Amyloid-PET ändert Diagnose
Nach einer Amyloid-PET ändern Experten häufig ihre Alzheimer-Diagnose, vor allem bei einem negativen PET-Befund. Therapeutisch hat das teure Verfahren jedoch kaum Konsequenzen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Eine Amyloid-PET kann im Zweifelsfall eine Alzheimerdiagnose untermauern oder aber bei einem negativen Ergebnis eine Alzheimerdemenz weitgehend ausschließen.
Allerdings ist das Verfahren recht aufwändig und teuer; es wird daher von den Krankenversicherungen in den meisten Ländern nicht in der Routinediagnostik erstattet. Primär verwenden Forscher die Amyloid-PET für klinische Studien oder zur Auswahl von Studienpatienten.
Konsequenzen für Diagnose und Therapie untersucht
Ein italienisch-schweizerisches Ärzteteam wollte dennoch wissen, welche Folgen die Amyloid-PET für die Diagnose und Therapie in der Praxis haben könnte (JAMA Neurol 2016; online 31.Oktober).
Schließlich ist eine Demenz an sich eine teure Angelegenheit, und die falsche Diagnose kann nicht nur für Patienten gravierende Folgen haben, sondern auch die Kassen teuer zu stehen kommen, vor allem wenn es sich um eine reversible Erkrankung handelt, die fälschlicherweise als Alzheimerdemenz diagnostiziert wird.
Jedoch sollte bereits eine gründliche klinische und labordiagnostische Untersuchung sowie eine konventionelle MRT oder CT fatale Fehldiagnosen weitgehend ausschließen.
Die Forscher analysierten daher, wie oft Experten selbst nach solchen Untersuchungen eine falsche Diagnose einräumten, wenn sie zusätzlich die Ergebnisse einer Amyloid-PET zu sehen bekamen.
Studie mit 228 Patienten
An der Studie INDIA-FBP (Incremental Diagnostic Value of Amyloid PET With 18F-Florbetapir) nahmen 228 Patienten mit ersten kognitiven Einschränkungen (MCI) oder einer manifesten Demenz teil. Alle waren von Hausärzten an Neurologen und Geriater in 18 italienische Zentren überwiesen worden, um die Ursachen ihrer kognitiven Defizite und eine mögliche Alzheimerdemenz abzuklären. Das Alter lag im Schnitt bei 70 Jahren, rund die Hälfte hatte eine MCI.
Alle Patienten absolvierten einen Mini-Mental-Status-Test (im Mittel 23 Punkte) und eine ADAS-cog-Untersuchung. Zusätzlich fahndeten die Spezialisten leitliniengerecht nach der Ursache der kognitiven Defizite, dabei setzten sie auch auf MRT- und CT-Scans sowie bei Bedarf auf Glukose-PETs.
165-mal diagnostizierten sie anhand der Befunde eine beginnende oder manifeste Alzheimerdemenz. Solchen Patienten verordneten sie in der Regel ein Antidementivum. 37-mal vermuteten sie eine frontotemporale Demenz und 26-mal eine subkortikale Neurodegeneration. Diese Patienten bekamen keine Antidementiva.
Bei den Demenzkranken mit Alzheimerdiagnose waren sich die Ärzte im Mittel zu 70 Prozent sicher, dass sie mit ihrer Diagnose richtig lagen, bei den 63 Nicht-Alzheimer-Diagnosen jedoch nur zu 30 Prozent.
Die zusätzlichen PET-Aufnahmen konnten für zwei Drittel der Patienten mit Alzheimerdiagnose eine zerebrale Amyloidanreicherung nachweisen, dies war jedoch auch bei knapp der Hälfte der Betroffenen mit einer anderen Demenzdiagnose der Fall.
Diagnoseänderung bei knapp einem Viertel
Daraufhin änderten die Ärzte ihre Diagnose bei 27 Prozent der Patienten. Wie erwartet, war hier vor allem der hohe negative prädiktive Wert der Amyloid-PET von Bedeutung.
Nach Offenlegung der PET-Resultate gingen die Ärzte immerhin bei 87 Prozent der Amyloid-negativen Kranken davon aus, dass kein Alzheimer vorlag. 46 Patienten mit einer vorherigen Alzheimerdiagnose (28 Prozent), aber negativer PET, wurden nun von einer solchen Diagnose freigesprochen.
Umgekehrt erhielten jetzt 25 Prozent der Amyloid-positiven Patienten, die zuvor einer anderen Demenzform zugeordnet worden waren, eine Alzheimerdiagnose. Dies war vor allem dann der Fall, wenn die Ärzte zuvor auf eine frontotemporale Demenz getippt hatten. Hier gingen sie nun zu knapp 80 Prozent von Morbus Alzheimer aus.
Bei subkortikalen Demenzformen zogen sie jedoch nur bei jedem Vierten eine Alzheimerdiagnose in Betracht, wenn die PET positiv war. Hier wurde der PET also kein großer Wert beigemessen.
Amyloidsignal verändert Therapie
An der Therapie änderte sich vor allem dann etwas, wenn die PET ein positives Amyloidsignal lieferte: Zwei Drittel der zuvor unbehandelten Patienten mit positivem Scan erhielten nun ein Antidementivum – das waren immerhin 61 Patienten.
Allerdings setzten die Ärzte eine solche Medikation nur bei einem Drittel der Betroffenen ab, wenn der Scan negativ war. Möglicherweise wollten sie den Patienten oder den Angehörigen die Hoffnung auf eine gewisse Wirksamkeit nicht nehmen, oder sie vermuteten auch eine Wirksamkeit unabhängig von einer Alzheimerdemenz.
Dieser Aspekt sei nicht unwichtig, schreiben Neurologen um Dr. Richard Caselli und Dr. Bryan Woodruff von der Mayo Clinic in Scottsdale, Arizona, in einem Kommentar zur Studie. Da cholinerge Defizite auch bei anderen Demenzformen auftreten können, machten Ärzte wenig falsch, wenn sie bei Demenzpatienten mit unsicherer Diagnose einen Therapieversuch mit Cholinesterasehemmern starten. Eine PET sei für diese Fragestellung daher kaum zu rechtfertigen.
Geeignet sei die Methode vor allem für Spezialfälle, etwa wenn eine Shunt-Op bei Normaldruckhydrozephalus ansteht. Der häufigste Grund für ein Shunt-Versagen sei eine Alzheimerdemenz. Auch ließen sich Hirnbiopsien bei einigen Patienten mit Tumorverdacht per Amyloid-PET vermeiden.
So führten Amyloid-Ablagerungen gelegentlich zu tumorähnlichen Veränderungen in der MRT- und CT-Bildgebung. Die PET könnte aber zu einem wichtigen diagnostischen Bestandteil werden, sollten sich endlich Anti-Amyloid-Therapien als wirksam erweisen.