EUnetHTA-Bewertung

„Antikörpertests eignen sich nicht zum Immunitätsnachweis“

Nach Ansicht europäischer Experten sind Antikörpertests zu ungenau, um nach durchgemachter COVID-19 Immunität nachweisen oder Infektiosität ausschließen zu können.

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Mit Antikörpertests werden in der Regel Immunglobuline M und G erfasst.

Mit Antikörpertests werden in der Regel Immunglobuline M und G erfasst.

© alexlmx / stock.adobe.com

Köln. Antikörper-Tests auf das SARS-CoV-2 sind nicht genau genug, um bei einem Menschen Immunität nachzuweisen oder Infektiosität auszuschließen. Dieses Fazit ziehen Experten in einem Bericht für das europäische Netzwerk zur Gesundheitstechnologie-Bewertung (EUnetHTA). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat dabei die Analyse unterstützt.

Akute Infektionen werden zu spät erfasst

Mit den Tests werden in der Regel die vom Körper produzierten Antikörper (meist Immunglobuline M und G) erfasst, erinnert das IQWiG in einer Mitteilung. Eine Immunantwort ist allerdings in der Regel erst Tage nach der Infektion messbar. Die Tests schlagen daher erst stark verzögert an und sind zu langsam, um akute Infektionen nachweisen zu können. In Feldstudien lässt sich mit Antikörpertests aber der Bevölkerungsanteil mit durchgemachter Corona-Infektion erfassen (Seroprävalenz).

Nach Auswertung von weltweit 40 Studien schlussfolgern die Autoren, dass die Antikörper-Tests eine zurückliegende Infektion mit dem SARS-CoV-2 zwar nachweisen können. Es sei aber fraglich, ob ein positives Testergebnis als Zeichen einer Immunität gegen eine erneute Infektion gewertet werden könne, oder ob ein positives Testergebnis nach überstandener Infektion ein sicherer Nachweis dafür sei, dass die Person das Virus nicht mehr auf Andere übertragen kann, so das IQWiG.

Bericht soll in drei Monaten aktualisiert werden

Die Experten weisen darauf hin, dass ihre Einschätzung vorläufig ist. „Da nahezu wöchentlich neue Studienergebnisse zu erwarten sind, wird die Bewertung der Antikörper-Tests voraussichtlich in etwa drei Monaten aktualisiert“, so die Autoren.

Der EUnetHTA-Bericht soll helfen, die Corona-Diagnostik richtig einzusetzen und weiter zu entwickeln. Die aktuellen Ergebnisse haben aber keine direkten Folgen für die Frage, ob Corona-Antikörper-Tests in Deutschland von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt werden. Derzeit stehen die Tests in begründeten Einzelfällen als GKV-Leistung zur Verfügung. Ein positives Ergebnis ist meldepflichtig.

Das IQWiG ist nach eigenen Angaben seit 2006 am EUnetHTA beteiligt. Das Netz engagiert sich im Auftrag des EU-Gesundheitsdirektorats wissenschaftlich bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bei der aktuellen Bewertung hat das IQWiG die Gesundheitsagentur der Region Emilia Romagna in Bologna unterstützt. (eis)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 25.06.202009:57 Uhr

Problematische Antikörper-Tests

Mit qualitativen, nicht quantitativen, Tests, werden für SARS-CoV-2-Infektionen/COVID-19-Erkrankungen typische IgM und IgG im Patientenblut nachgewiesen, wenn sie entsprechend validiert und auf Sensitivität und Spezifität untersucht wurden. Für die Interpretation sind medizinische, infektiologische und labortechnische Fachkenntnisse erforderlich.

Was bedeuten negative oder positive Testergebnisse?

Wenn kein positives Ergebnis erscheint, hat der Patient entweder keine Antikörper, also keinen Kontakt mit SARS-CoV-2 gehabt. Er könnte aber ebenso hochinfektiös sein, weil er in der Frühphase der Erkrankung noch keine Antikörper gebildet hat und aufweisen wird. Dies ließe sich nur durch den spezifischen Erregernachweis mittels PCR erkennen/ausschließen.

Fällt der Test dagegen positiv aus, ist der Patient entweder noch hochinfektiös (PCR-Nachweis?), weil er sich in der Spätphase der akuten Erkrankung befindet. Oder er hat die COVID-19-Erkrankung schon durchgemacht, ist vermutlich immun bzw. hat kreuzreagierende Antikörper gegen andere Coronaviren.

Als da sind:
- SARS-CoV[-1] (severe acute respiratory syndrome coronavirus)
- MERS-CoV (Middle East respiratory syndrome coronavirus) und das derzeit besonders bekannte und aktuelle
- SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2).

In einer in Amsterdam durchgeführten Studie wurde das Vorhandensein von einem eher harmlosen HCoV-NL63 bei etwa 4,7 % der häufigsten Atemwegserkrankungen geschätzt. L. van der Hoek et al. "Human coronavirus NL63, a new respiratory virus" - In: FEMS Microbiology Reviews. 30, Nr. 5, September 2006, S. 760–773. doi:10.1111/j.1574-6976.2006.00032.x

HCoV-NL63 ist eines von 4 nur leichte Infektionen hervorrufenden, insgesamt sieben bekannten Vertretern der Coronaviridae, die den Menschen infizieren, darunter HCoV-229E, HCoV-OC43 und HCoV-HKU1.

Mit anderen Worten: Diese Tests haben eigentlich keine infektiologisch gesicherte Aussagekraft.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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