Besseres Bild von Demenzkranken gefordert
BERLIN (mut). Ein Recht auf eine möglichst exakte Diagnose und adäquate Therapie für jeden Demenzpatienten - das fordern 28 Fachgesellschaften und Vereinigungen in der ersten S3-Leitlinie zu Demenzen. Damit werden Ärzte aufgefordert, Demenzkranke endlich nach wissenschaftlichen Kriterien zu diagnostizieren und zu behandeln.
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Es muss nicht gleich ein PET sein (links M. Alzheimer, rechts gesund), ein zerebrales MRT oder CT ist zur Diagnose aber nötig.
© Foto: University of Pittsburgh
Dass dies in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel ist, daran hat Privatdozent Frank Jessen von der Uni Bonn bei der Vorstellung der S3-Leitlinie in Berlin erinnert. So hätten etwa in Hausarztpraxen nur 50 Prozent der Demenzpatienten eine Demenzdiagnose, in Pflegeheimen, in denen im Schnitt zwei Drittel der Bewohner demenzkrank sind, liege der Anteil sogar nur bei einem Drittel. Eine Bildgebung, etwa zum Ausschluss reversibler Ursachen, erhalten bislang weniger als fünf Prozent der Demenzkranken, eine adäquate Therapie mit Antidementiva nur etwa 20 Prozent. Die neue, fach- übergreifende Leitlinie Demenzen soll dies ändern.
Ein Kernpunkt: Eine rein klinische Demenzdiagnose gilt als unzureichend, da hinter Demenzsymptomen viele verschiedene Ursachen stecken können - bei etwa fünf Prozent der Patienten werden die Symptome nicht durch eine Neurodegeneration, sondern durch reversible Ursachen ausgelöst, etwa Normaldruckhydrozephalus oder Arzneinebenwirkungen. Hier sorgt die Bildgebung für Klarheit, deshalb wird sie für jeden Demenzkranken gefordert, ebenso wie ein Test zur Schwere der Demenz.
Einen Schwerpunkt legt die Leitlinie auch auf psychosoziale Interventionen. Sie sind der oft gängigen Therapie mit Neuroleptika bei Verhaltensstörungen vorzuziehen.
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