Corona-Splitter der KW 11/2021
Bessert eine Impfung Long-COVID-19-Symptome?
Auch nach Genesung berichten einige COVID-19-Patienten von Langzeitsymptomen wie Fatigue, Atembeeinträchtigungen oder Schlaflosigkeit. Möglicherweise könnte eine Corona-Impfung ihre Symptome lindern.
Veröffentlicht:Update vom 19. März
Eine Corona-Impfung könnte Long-COVID-Symptome bei Rekonvaleszenten mildern. Das legt zumindest eine kleine, noch nicht begutachtete Studie mit 66 COVID-Rekonvaleszenten nahe. Alle Teilnehmer waren in der ersten Infektionswelle in Großbritannien an COVID-19 erkrankt, wobei ein Großteil von ihnen auch acht Monate nach Genesung noch über wenigstens ein anhaltendes COVID-19-Symptom berichtete, zumeist Fatigue, Kurzatmigkeit und Schlaflosigkeit. 44 der 66 Rekonvaleszenten wurden geimpft, entweder mit der BioNTech/Pfizer- oder der AstraZeneca-Vakzine. Einen Monat nach Impfung zeigten sich bei den geimpften Rekonvaleszenten im Vergleich mit den nicht-geimpften eine leichte Verbesserung der Long-COVID-Symptome: Bei den Geimpften berichteten 23,2 Prozent von einer Symptombesserung, bei den Nicht-geimpften waren es 15,4 Prozent (p=0.035). In beiden Gruppen lag der Anteil an Teilnehmern mit Long-COVID-Symptomen bei 82 Prozent. Zwar ist die Teilnehmerzahl zu klein, um eine endgültige Aussage zu treffen, zumal auch ein Placeboeffekt eine Rolle spielen könnte. Dennoch könnte es sich lohnen, den Ansatz in Studien weiterzuverfolgen. Immerhin scheinen Long-COVID-Symptome nicht selten zu sein: Laut RKI-Daten berichtet mehr als jeder zehnte COVID-19-Patient auch nach mehr als vier Wochen noch von Symptomen (Pre-Print Server med Rxiv 2021; online 14. März).
Update vom 18. März
In 72,2 Prozent der in Deutschland positiv getesteten Proben wird derzeit die britische SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 nachgewiesen, wie aus einem aktuellen Bericht zu den Virusvarianten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. „Aufgrund des nun hohen Anteils von B.1.1.7 ist insgesamt weiter mit einem exponentiellen Anstieg der COVID-19 Fälle in Deutschland zu rechnen“, betont das RKI. Weltweit und auch in Deutschland sei die Ausbreitung der südafrikanischen Virusvariante B.1.351 geringer, in Deutschland sogar etwas rückläufig (In Kalenderwoche 8 lag der Anteil von B.1.351 in Deutschland bei 1 Prozent, in Kalenderwoche 10 – den aktuellen Daten – bei 0,8 Prozent). Die brasilianische Variante P.1 wurde bisher nur vereinzelt in Deutschland nachgewiesen (RKI-Bericht zu Virusvarianten in Deutschland; online 17. März).
Das Risiko für eine Reinfektion mit SARS-CoV-2 ist gering, für Menschen über 65 allerdings deutlich höher als für Jüngere. Das geht aus einer Studie hervor, für die Daten von vier Millionen Dänen analysiert wurden, die im Rahmen der nationalen Teststrategie des Landes erfasst worden waren. Lediglich 0,65 Prozent der Personen, bei denen ein erster PCR-Test auf SARS-CoV-2 positiv ausgefallen war, wurden im Laufe der ersten und zweiten Infektionswelle in Dänemark erneut positiv getestet. Zum Vergleich: Bei Personen, die zunächst negativ getestet worden waren, fiel ein zweiter PCR-Test bei 3,27 Prozent positiv aus. Grundsätzlich stellten die Wissenschaftler Reinfektionen bei Jüngeren seltener fest als bei Älteren: Jüngere seien durch eine Erstinfektion zu 80 Prozent vor einer Reinfektion geschützt, Personen über 65 Jahre dagegen nur zu 47 Prozent, schreibt das Team um Dr. Christian Holm Hansen vom Statens Serum Institut in Kopenhagen. Antikörper gegen SARS-CoV-2 seien dabei über den Studienzeitraum von sechs Monaten stabil nachzuweisen gewesen. Die Analyse ist allerdings auf den ursprünglichen SARS-CoV-2-Typ fokussiert, Virusvarianten wie die britische oder südafrikanische sind nicht eingerechnet (Lancet 2021; online 17. März).
Der AstraZeneca-Impfstoff schützt wohl nicht vor der südafrikanischen SARS-CoV-2-Variante B.1.351. Ein Team der Forschungsgruppe NGS-SA (Network for Genomics Surveillance in South Africa) hatte rund 2000 seronegative Probanden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren geimpft, die eine Hälfte erhielt dabei die AZD1222-Vakzine in zweimaliger Dosierung im Abstand von 21 bis 35 Tagen, die andere Hälfte ein Placebo. Von den Verum-Geimpften erkrankten 2,5 Prozent trotz Impfung an COVID-19. In der Placebogruppe waren es 3,2 Prozent. Dies ergibt eine Schutzwirkung von lediglich 21,9 Prozent gegenüber der südafrikanischen Variante. Mit 39 von insgesamt 42 berichteten COVID-19-Fällen waren fast alle auf den B.1.351-Virustyp zurückzuführen (92,9 Prozent) (NEJM 2021; online 16. März).
Update vom 17. März
Die einmalige Gabe von hochdosiertem Vitamin D3 reduziert bei hospitalisierten COVID-19-Patienten die Liegedauer nicht. Das hat eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie mit 240 moderat oder schwer erkrankten COVID-19-Patienten ergeben, die an zwei Kliniken in Sao Paulo behandelt worden waren. Die Patienten hatten entweder eine einmalige orale Dosis Vitamin D3 (200.000 IU) erhalten oder Placebo. Die mittlere Liegedauer der Patienten betrug in beiden Gruppen je sieben Tage, die einmalige Behandlung mit hochdosiertem Vitamin D3 zeigte hier also keinen Effekt. Auch in Bezug auf die sekundären Endpunkte (Tod während des Klinikaufenthalts, Einweisung auf Intensivstation, mechanische Beatmung) ergaben sich in den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede (JAMA Netw Open 2021; online 17. Februar).
T-Zellen haben eine essenzielle Rolle bei der Langzeit-Immunität gegen SARS-CoV-2. Das bestätigt eine Studie aus Tübingen, in der 50 Patienten vier Wochen sowie sechs Monate nach überstandener COVID-19 untersucht worden waren. Während die Forscher nach sechs Monaten bereits einen deutlichen Abfall der Antikörperkonzentrationen feststellten (und zwar insbesondere bei Antikörpern gegen das Spike-Protein), war weiterhin eine starke T-Zell-Antwort nachweisbar. Was die Wissenschaftler aber auch feststellten: Nur bestimmte Epitope von SARS-CoV-2 scheinen eine Langzeit-Immunität durch T-Zellen zu vermitteln. Daher erproben die Forscher derzeit einen SARS-CoV-2-Impfstoff, der auf eben jenen T-Zell-Epitopen aufbaut, die eine Langzeit-Immunität bewirken. Erste vorläufige Ergebnisse der klinischen Studie zeigten, dass der Impfstoff CoVac-1 starke T-Zell-Antworten in gesunden Probanden erzeugen kann, berichtet das Universitätsklinikum aus Anlass der Publikation (Sci Translat Med 2021; online 15. März).
Update vom 16. März
Einen möglichen Grund für die häufige Thrombosebildung bei COVID-19-Patienten haben Tübinger Forscher gefunden: körpereigene Antikörper, die bei einigen schwerkranken Patienten im Zuge eines Zytokinsturms in viel zu hoher Zahl freigesetzt werden. Diese binden nicht nur an SARS-CoV-2, sondern unkontrolliert auch an Thrombozyten. Dort lösen die Antikörper komplexe Veränderungen aus: Bei einem Teil der Thrombozyten kommt es zu einer Veränderung an der Zelloberfläche, infolgedessen die Thrombozyten gerinnungsfördernde Faktoren freisetzen und eine Thrombose auslösen können. Das Team hatte für seine Studie Blutproben miteinander verglichen, und zwar von 21 intensivpflichtigen COVID-19-Patienten, von 18 Gesunden und von 4 nicht-intensivpflichtigen COVID-19-Patienten. Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, Risikopatienten bei COVID-19-Erkrankung durch eine Thromboseprophylaxe vor Komplikationen zu schützen. Standardtherapien mit Blutverdünnern wie ASS allein reichten hierfür allerdings nicht aus, schreiben die Forscher. Ihren Ergebnissen zufolge müsse vor allem früh mit einer gerinnungshemmenden Therapie begonnen werden: Eine gesteigerte Aktivierung des Gerinnungssystems bei COVID-19-Patienten beginnt in aller Regel bereits vier Tage nach stationärer Aufnahme (Blood 2021; 137 (8):1061–1071).
Update vom 15. März
Die britische SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 ist wohl nicht nur ansteckender, sondern mit Blick auf die Mortalität auch gefährlicher. Die höhere Infektiosität der Virusvariante ist ja schon länger bekannt, sie übersteigt die der wildtypischen Variante um 59 bis 74 Prozent. Unklar war bisher, ob die Variante auch gefährlicher ist. In einer Studie hat sich das nun bestätigt: Demnach liegt das Sterblichkeitsrisiko bei Patienten, die mit B.1.1.7 infiziert sind, im Mittel um 64 Prozent höher. Für ihre Studie hatten Forscher um Dr. Robert Challen von der Universität Exeter die Sterbezahlen bei knapp 110.000 Corona-Patienten innerhalb von 28 Tagen nach positivem PCR-Nachweis analysiert. Eine Hälfte war mit B.1.1.7 infiziert, die andere Hälfte mit der wildtypischen SARS-CoV-2-Variante. Die Forscher gehen davon aus, dass die höhere Mortalität mit den veränderten phänotypischen Eigenschaften des Virus zusammenhängt. Sie sehen keine Gründe dafür, weshalb sich dieser Befund auf das Vereinigte Königreich beschränken sollte. Laut aktuellen RKI-Zahlen vom 10. März ist B.1.1.7 in Deutschland bereits zur dominanten Variante von SARS-CoV-2 geworden. „Aktuell wird B.1.1.7 in 55 Prozent der untersuchten positiven Proben in Deutschland gefunden“, heißt es in dem Bericht (BMJ 2021; online 10. März). (rb)
COVID-19-Rekonvaleszenten sollten frühestens sechs Wochen nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion operiert werden. Eine internationale Studie mit Daten aus 116 Ländern hat ergeben, dass Patienten, die während der ersten sechs Wochen nach einem SARS-CoV-2-Nachweis operiert werden, ein mehr als zweieinhalbfach höheres Risiko haben, nach der Operation zu sterben, als Patienten die erst später operiert werden: Bei Patienten, die in den ersten vier Wochen nach der Corona-Infektion operiert wurden, betrug die 30-Tage-Mortalität 4 Prozent, und nach fünf bis sechs Wochen immer noch 3,6 Prozent. Nach sieben bis acht Wochen hingegen erreichte die Sterblichkeit wieder das Niveau nicht infizierter, operierter Patienten von 1,5 Prozent im Mittel. Die Ergebnisse waren dabei über alle Altersgruppen hinweg und unabhängig von der Schwere der Begleiterkrankungen, der Dringlichkeit und dem Ausmaß der Eingriffe konsistent (Anaesthesia 2021; online 9. März).
Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier: