Betreuung erreicht mehr als Substitution
Annette Widmann-Mauz (CDU): Die Aufnahme von Diamorphin in die GKV-Regelversorgung ist abzulehnen. In der Therapiestudie wurde der Beitrag der psychosozialen Betreuung für den Erfolg der Behandlung nicht ausreichend untersucht. Eine Heroinbehandlung ohne sehr gute psychosoziale Betreuung ist jedoch nicht zielführend. In dem Modellprojekt zeigte sich bei sehr guter psychosozialer Betreuung auch eine erhebliche Verbesserung der Situation der Methadon-Patienten.
Das zeigt, dass es nicht in erster Linie auf das Substitut, sondern auf die optimalen Rahmenbedingungen ankommt. Diese werden aber mit der bloßen Überführung der Diamorphinbehandlung in die GKV-Regelversorgung gerade nicht sichergestellt. Es ist auch nicht gelungen, Kriterien aufzustellen, mit denen die Gruppe der Opiatabhängigen, die mit Ersatzstoffen unerreichbar sind, von denjenigen Abhängigen abgegrenzt werden können, die auch mit bereits bestehenden Substitutionsbehandlungen behandelt werden können.
Zudem stellt sich die Frage, ob eine dauerhafte Drogenabstinenz mit der Diamorphinvergabe realisierbar ist. Substitution hat sich noch stets überwiegend als Dauer-Substitution erwiesen. Das zeigen Erfahrungen mit Methadon und Dihydrocodein - ein großer Teil der Patienten fand nicht mehr aus der Substitution heraus. Der Ansatz, die Diamorphinbehandlung in den GKV-Regelleistungskatalog aufzunehmen, unterscheidet sich auch strukturell zum Beispiel vom Ansatz in der Schweiz.
Dort hat man die Zahl der zur Verfügung stehenden Behandlungsplätze begrenzt. Mit der Aufnahme in die GKV-Versorgung könnte jedoch jedem Abhängigen, der die vorgeschlagenen Kriterien erfüllt, Heroin auf Rezept verschrieben werden. Nach sechsmonatiger psychosozialer Betreuung würden sie dann wieder sich selbst überlassen.
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