Michael Schumacher

Bluterguss im Gehirn entfernt

Vorsichtiges Durchatmen in Grenoble: Nach einer zweiten Operation geht es Michael Schumacher etwas besser. Doch die Ärzte sehen den ehemaligen Formel-1-Piloten weiter in Lebensgefahr.

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Michael Schumacher (Archivbild von 2006) trug auch bei seinem schweren Skiunfall am 29. Dezember einen Helm und erlitt trotzdem schwere Schädel-Hirn-Verletzungen. Allerdings: Ohne Helm wäre er nach Expertenansicht sofort tot gewesen.

Michael Schumacher (Archivbild von 2006) trug auch bei seinem schweren Skiunfall am 29. Dezember einen Helm und erlitt trotzdem schwere Schädel-Hirn-Verletzungen. Allerdings: Ohne Helm wäre er nach Expertenansicht sofort tot gewesen.

© EPA/RAINER JENSEN / dpa

GRENOBLE. Der Gesundheitszustand des schwer verunglückten Michael Schumacher hat sich leicht verbessert. Dennoch befindet sich der mehrfache Formel-1-Weltmeister weiterhin in einem kritischen Zustand.

Die behandelnden Ärzte im Krankenhaus CHU Grenoble teilten am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit, dass bei dem 44-Jährigen in der Nacht eine weitere Operation durchgeführt wurde. Dabei sei es gelungen, ein Hämatom zu entfernen. Die Operation sei mit der Familie abgesprochen gewesen. Am Sonntag war Schumacher schon einmal operiert worden (Trepanation).

"Wir haben etwas Zeit gewonnen", sagte Jacqueline Hubert, die Leiterin der Klinik. Bei dem neuerlichen Eingriff war es nach Angaben des behandelnden Arztes Jean-Francois Payen gelungen, etwas Druck auf das Gehirn wegzunehmen.

Allerdings sei es zu früh, die Intensität der Therapie zu verringern. Es ließen sich noch keine Prognosen über den weiteren Verlauf treffen. "Es liegt noch ein langer Weg vor ihm."

Bluterguss im Gehirn entfernt

"Es liegt noch ein langer Weg vor ihm", sagte Jean-Francois Payen vom behandelnden Ärzteteam am Dienstag in Grenoble. Die Gesamtsituation sei «etwas besser unter Kontrolle». Erstmals wurden Einzelheiten bekannt, wie es zu dem Sturz kam. Demnach war Schumacher nicht mit hoher Geschwindigkeit zwischen den Piste unterwegs, als sich der Unfall ereignet hatte.

Das Ärzteteam entfernte dem 44-Jährigen in einem rund zweistündigen Eingriff am Montagabend einen Bluterguss im Gehirn. Er befindet sich nach den Angaben weiterhin im künstlichen Koma. Es zeige sich eine Stabilisierung des Gesamtzustandes, berichteten die Ärzte während einer Pressekonferenz.

"Die Situation ist jetzt unter besserer Kontrolle als gestern, wir können aber nicht sagen, dass er außer Gefahr ist", betonte Payen, der Chef der Anästhesie-Abteilung. "Wir haben mehr Zeit gewonnen. Die kommenden Stunden sind aber von entscheidender Bedeutung», sagte er. «Wir arbeiten uns Stunde für Stunde voran." Es gebe Phasen der Stabilität, dann aber auch wieder Veränderungen.

Schumacher hat immer noch zahlreiche Blutgerinnsel im Gehirn. Es sei wirklich nicht der Zeitpunkt, um Vorhersagen zu treffen, hieß es bei den Ärzten. Die anderen Hämatome seien schwer zugänglicher als das, das bei der zweiten Operation entfernt worden sei.

Der Innendruck in Schumachers Schädel konnte durch den Eingriff gegen 22.00 Uhr am Montagabend gemindert werden. Die Entwicklung von Schumachers Zustand, die eine Operation erst möglich machte, hatte die Ärzte nach eigener Aussage selbst überrascht. Der Überdruck im Schädel habe zuvor größte Besorgnis ausgelöst, sagte Payen.

"Situation ist kritisch"

Eine Aufnahme am Nachmittag habe gezeigt, dass ein Eingriff möglich sei. Nach Absprache der behandelnden Ärzten und der Familie Schumachers operierten die Mediziner umgehend. Dabei wurde ein Bluterguss in der linken Hirnseite entfernt.

"Wir müssen realistisch sein. Die ganze Familie ist sich im Klaren darüber, dass die Situation kritisch ist", betonte Professor Gérard Saillant, der als Freund nach Grenoble gereist ist und den behandelnden Ärzten beratend zur Seite steht. Er behandelte den siebenmaligen Weltmeister nach dessen schwerem Rennunfall 1999 in Silverstone.

Die Familie Schumachers stand weiter unter Schock. "Der Familie geht es natürlich nicht sehr gut", sagte Managerin Sabine Kehm, "sie sind geschockt." Neben Ehefrau Corinna und den beiden Kindern sind auch Bruder Ralf und Vater Rolf in Grenoble.

Der Skiunfall ereignete sich am Sonntag in Méribel in den französischen Alpen. Schumacher hatte unmittelbar zuvor einem auf der Piste gestürzten Freund geholfen. Anschließend sei Schumacher in den Tiefschneebereich zwischen zwei Pisten gefahren, berichtete seine Managerin unter Hinweis auf Schilderungen von Begleitern.

Dort sei der 44-Jährige beim Ansatz zu einer Wende gegen eine Felsen gefahren und in die Luft geschleudert worden. Kopfüber sei er dann auf einen Felsen gestürzt, sagte Kehm vor Journalisten.

Bei dem Unfall sei auch Schumachers Sohn dabei gewesen. Schumacher war demnach nicht mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs. Dennoch schlug sein Kopf offensichtlich heftig auf. Medienberichten zufolge zersprang sein Helm. Eine Bestätigung dafür gab es in Grenoble zunächst nicht.

Schumacher war unmittelbar nach dem Unfall ansprechbar, aber verwirrt. Er wurde letztlich in die renommierte Traumatologische Abteilung des Universitätskrankenhauses von Grenoble gebracht.

Weil sich der Zustand des Kerpeners verschlechtert hatte, wurde er dort umgehend notoperiert. Wie dramatisch die Situation vor allem am Montag noch war, wurde bei der Pressekonferenz am Dienstag deutlich. "Wir sind etwas weniger besorgt als gestern", meinte Saillant. "Wir wollen diese Schlacht gewinnen."

"Wir haben etwas Zeit gewonnen», sagte Jacqueline Hubert, die Leiterin der Klinik. Allerdings sei es zu früh, bei den Therapiemaßnahmen nachzulassen. Es ließen sich keine Prognosen über den weiteren Verlauf treffen. Die Lage sei immer noch fragil. Sie könne sich sehr schnell bessern, aber eben auch sehr schnell verschlechtern.

Unfall ohne Helm wohl nicht überlebt

Die Ärzte hatten am Sonntag gesagt, dass jemand ohne Helm diesen Unfall wohl nicht überlebt hätte. Der Aufprall muss mit hoher Geschwindigkeit erfolgt sein, hieß es.

Bereits am Sonntagabend hatten die Ärzte nach von einem "kritischen Zustand" berichtet.

Als er in das Krankenhaus in Grenoble eingeliefert wurde, war er komatös. Schumacher musste sofort notoperiert werden.

"Wir sind beunruhigt über seinen Zustand", hatte Professor Gérard Saillant in der Pressekonferenz am Montag gesagt. Der Arzt behandelte Schumacher bereits in dessen Formel-1-Karriere.

Schumacher dominierte viele Jahre die Formel 1. Er fuhr in der Formel 1 zunächst zwischen 1991 und 2006. Siebenmal wurde er Weltmeister. 1999 überstand er seinen schwersten Unfall, als er in Silverstone im Ferrari verunglückte.

2010 kehrte Schumacher in die Formel 1 zurück, nachdem er ein geplantes Comeback 2009 für Ferrari wegen der gesundheitlichen Nachwirkungen seines schweren Motorradunfalls im Februar desselben Jahres hatte absagen müssen.

Für Mercedes hatte er im Silberpfeil von 2010 bis einschließlich 2012 an die Erfolge seiner ersten Karriere nicht anschließen können und keinen weiteren Sieg seinen 91 Grand-Prix-Erfolgen hinzufügen können.

Mit seiner deutlich lockereren Art sammelte Schumacher aber viele Sympathiepunkte. Einer seiner besten Freunde im Formel-1-Zirkus ist sein Nachfolger Sebastian Vettel. "Ich bin schockiert und ich hoffe, dass es ihm so schnell wie möglich wieder besser geht. Ich wünsche seiner Familie jetzt ganz viel Kraft", erklärte der viermalige Formel-1-Weltmeister.

Sportunfälle Hauptursache für Schädel-Hirn-Traumata

Michael Schumachers Ski-Unfall belegt in gewisser Weise eine Tendenz: Sportunfälle haben Verkehrsunfälle als Hauptursache für Schädel-Hirn-Traumata abgelöst, sagt der Frankfurter Neurochirurg Dr. Andreas Pingel.

Er ist Leitender Arzt des Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) in Frankfurt. Dort werden jährlich rund 2000 Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma behandelt, 400 bis 600 davon in etwa so schwer wie bei Schumacher.

"Die überwiegende Zahl kommt durch Stürze zustande, das sind in der Regel Sportunfälle und häusliche Unfälle, weniger Verkehrsunfälle", sagte Pingel am 30. Dezember der Nachrichtenagentur dpa.

"Es besteht immer mehr die Neigung, auch Risiken einzugehen im Freizeitsport." Die Folgen von Verkehrsunfällen hingegen seien immer weniger gravierend.

Bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma liegt Pingel zufolge die Streberate bei circa 30 Prozent. Die überlebenden Patienten müssten häufig mit Lähmungen, Funktionseinschränkungen, Behinderungen oder Orientierungsstörungen rechnen.

Zum Fall Schumacher sagte Pingel: "Man muss weiter bangen." Auch nach Tagen sei es noch möglich, dass es zu sekundären Verschlechterungen kommt. (dpa, tagesanzeiger.ch)

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