Diabetische Nephropathie

Chancen der Vorsorge und Früherkennung nutzen!

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Prof. Hellmut Mehnert

Arbeitsschwerpunkte: Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselleiden: Diesen Themen widmet sich Prof. Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren.

Erfahrungen: 1967 hat er die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht sowie das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland gegründet.

Ehrung: Er ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

Diabetiker haben im Vergleich zu Nichtdiabetikern ein zwölffach erhöhtes relatives Risiko für eine terminale Niereninsuffizienz. Entscheidend für die Vorsorge ist die Früherkennung einer diabetischen Nephropathie: Bei jedem Zuckerkranken sollten daher einmal im Jahr die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und eine mögliche Mikroalbuminurie abgeklärt werden.

Ergeben sich dabei Hinweise auf eine Nephropathie, lässt sich mit ACE-Hemmern oder Sartanen ein Nierenversagen um Jahre hinausschieben.

Bei der Stadieneinteilung der diabetischen Nephropathie unterscheidet man eine Schädigung mit normaler Nierenfunktion und eine Schädigung mit Niereninsuffizienz:

- leichtgradige Niereninsuffizienz mit Albuminausscheidung über 200 mg/l und GFR über 60 ml/Min.,

- mäßiggradige Niereninsuffizienz mit GFR-Werten von 30 bis 59

- hochgradige Niereninsuffizienz mit GFR-Werten von 15 bis 29 und

- terminale Niereninsuffizienz mit GFR-Werten unter 15.

Die Zahl der Dialysepatienten ist in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen, was abgesehen vom Leid der Betroffenen zu hohen sozioökonomischen Kosten führt. Allerdings: Trotz weiterer Zunahme des Diabetes hat sich der Zuwachs der diabetischen Nephropathie auf hohem Niveau stabilisiert.

Die vaskuläre Nephropathie nimmt jedoch weiter deutlich zu. Diese Entität ist gerade auch bei Typ-2-Diabetes typisch. Hier zeigt sich, wie wichtig die Unterscheidung von einer Glomerulosklerose ist.

Glykierung der renalen Proteine

Glomerulosklerose und Albuminurie sind teilweise unabhängige Entitäten der diabetischen Nephropathie. Im Modellversuch konnte die Bedeutung der endothelialen Dysfunktion für die Pathogenese nachgewiesen werden. Im Ganzen gesehen ist das Kimmelstiel-Wilson-Syndrom das Ergebnis einer gestörten interzellulären Interaktion.

Immer wieder muss betont werden - und das ist in praxi eminent wichtig -, dass die erhöhte Blutglukose ganz offensichtlich via Glykierung der renalen Proteine das klassische Krankheitsbild verursacht.

Eine Hemmung der Neubildung dieser glykierten Endprodukte oder einer Blockade der dafür zuständigen Rezeptoren sollte es eigentlich ermöglichen, den Circulus vitiosus zu durchbrechen und sowohl die Glomerulopathie als auch die tubulointerstitielle Schädigung zu reduzieren.

Offensichtlich spielen Angiotensin 2, Sauerstoffradikale, glykierte Produkte, freie Fettsäuren und natürlich die Hyperglykämie eine Rolle bei der Aktivierung der Proteinkinase C. Dies nimmt eine noch nicht geklärte Schlüsselfunktion bei der glomerulären Erkrankung ein.

Hypertonie wird weiter unterschätzt

Die Diabeteseinstellung steht im Mittelpunkt der Behandlungsmöglichkeiten. Hinweise darauf gibt es aus vielen Studien (UKPDS, STENO2, DCCT, ADVANCE). Unterschätzt wird immer noch, in welch großem Maße eine Hypertonie die Nierenschädigung begünstigt.

Gefordert ist eine multifaktorielle Therapie gegen Hyperglykämie, Hypertonie und Dyslipoproteinämie, wie die STENO2-Studie eindrücklich gezeigt hat.

Patienten mit diabetischer Nephropathie brauchen wegen des fortgeschrittenen Diabetesstadiums meist Insulin, das als solches nicht zu zusätzlichen Schäden führt. Metformin und Sulfonylharnstoffe kommen für die Betroffenen kaum in Betracht. Anders als in den USA ist bei uns Metformin bereits ab einem GFR-Grenzwert von 60 ml/Min. kontraindiziert.

Bei der Ernährung ist in frühen Stadien der Glomerulosklerose eine moderate Proteinrestriktion mit 0,8 g/kg Körpergewicht pro Tag von Vorteil. Im dialysepflichtigen Stadium wird man die Proteinmenge allerdings erhöhen, wobei die gewünschten Mengen von 1,2 bis 1,4 g/kg Körpergewicht pro Tag von Patienten häufig nicht erreicht werden.

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