Organisationsaufwand in Praxen
Corona-Impfstoff nicht als Einzeldosis: KBV-Vize fürchtet geringere Impfquoten
Berlin. Bürokratische Hürden für Arztpraxen werden die Corona-Impfquote bei Menschen ab 60 und Risikogruppen negativ beeinflussen – das befürchtet der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Stephan Hofmeister. Deutschland habe es auch nach drei Jahren nicht geschafft, Einzeldosen von Impfstoffen zu bestellen, „die übrigens die Industrie problemlos liefern könnte“, sagte Hofmeister der Ärzte Zeitung.
Weil die Impfstoffe in Behältnissen mit jeweils mehreren Dosen geliefert werden, müssten Patienten gebündelt zur Corona-Impfung in den Praxen erscheinen. Spontane Anfragen einzelner Patienten müssten gegebenenfalls angelehnt werden. „Das heißt, wenn zu mir jemand kommt aus eigenem Antrieb, weil er das jedes Jahr macht oder, weil er oder sie eine Annonce gesehen hat und sagt, ich möchte gerne eine Impfung gegen Influenza, und wie steht es nun mit Corona? Dann muss ich diesem Patienten womöglich sagen: Corona-Impfung geht heute leider nicht, da heute kein anderer da ist, der diese Impfung ebenfalls nachfragt.“ Stattdessen müssten diese Patienten auf eine Warteliste gesetzt und erneut kontaktiert werden, wenn mehrere zu impfende Personen an einem Tag gleichzeitig in die Praxis kommen können.
In der Pandemie hätten Praxen diese Herausforderung zwar auch bewältigt, aber: „Jetzt wäre das nicht mehr nötig. Es gibt ja Einzelimpfstoffe, und das ist ausschließlich eine Frage der Verträge und der Bestellung“, kritisiert Hofmeister. Der KBV-Vize sagt: „Das ist Politikversagen.“
Auch der Deutsche Hausärztinnen- und Hausärzteverband hatte bereits kritisiert, dass etwa der angepasste Impfstoff Comirnaty® der Firma BioNTech in Behältnissen mit jeweils sechs Dosen an die Praxen ausgeliefert und dort anschließend nach Öffnung der Behälter zeitnah verabreicht werden müsse, um die Wirksamkeit zu erhalten. Gelinge dies nicht, müssten womöglich erhebliche Mengen des Impfstoffs entsorgt werden. Der Verband hatte auch die Probleme für Praxen thematisiert.
Hintergrund ist, dass der Bund wegen entsprechender Verträge gegenüber BioNTech zur Abnahme bestimmter Mengen des Impfstoffs verpflichtet ist. Dieser wird vertragsgemäß in Mehrfachdosen-Behältern geliefert. (hom)