Neue Leitlinie

Demenz ist behandelbar

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BERLIN. Die Versorgung von an einer Demenz erkrankten Menschen liegt im Argen. Jeder zweite wird nicht als demenzkrank erkannt, noch weniger erfährt eine Behandlung nach medizinischen Standards. Darauf haben Ärzte und Psychotherapeuten am Mittwoch in Berlin hingewiesen.

Anlass war die Vorstellung der aktuell überarbeiteten S 3-Leitlinie "Demenzen". Vertreter der federführenden Fachgesellschaften - der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sowie der deutschen Gesellschaft für Neurologie4 (DGN) - forderten die Ärzte auf, wissenschaftlich belegte Therapieoptionen stärker zu nutzen.

Die Aussage, gegen eine Demenz lasse sich nichts machen, sei falsch, sagte Professor Richard Dodel aus Marburg. In Deutschland leben etwa 1,5 Millionen Menschen mit einer Demenz.

Ihre Behandlung kostet rund neun Milliarden Euro im Jahr. (af)

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Dr. Thomas Koch 27.01.201621:53 Uhr

Demenz ist behandelbar

1. Heute ist allerdings der klinische Nutzen der meist kleinen beobachteten Unterschiede umstritten. Mit der vorliegenden Metaanalyse wurde versucht, einen Überblick über die heute vorliegenden Daten zu schaffen.

Systematisch wurde nach placebokontrollierten Studien mit den drei Cholinesterasehemmern Donepezil (Aricept®), Rivastigmin (Exelon®) und Galantamin (Reminyl®) gesucht, in denen klinische Endpunkte bei Alzheimerkranken untersucht worden waren. Alle Studien wurden auch einer Qualitätsbeurteilung unterzogen.

22 Studien mit einer Beobachtungszeit zwischen 6 Wochen und 3 Jahren erfüllten die geforderten Kriterien. In 19 von 22 Studien zeigten Cholinesterasehemmer eine statistisch signifikante Wirksamkeit bezüglich kognitiven Funktionen oder der globalen Beurteilung durch Pflegende oder Behandelnde. Die Unterschiede waren allerdings generell klein. Auf der am häufigsten verwendeten Skala zur Erfassung kognitiver Funktionen, der «Alzheimer’s disease assessment scale » (ADAS-cog), auf der Resultate zwischen 0 und 70 möglich sind, betrugen die Unterschiede lediglich zwischen 1,5 und 3,9 Punkte. Cholinesterasehemmer verursachten deutlich häufiger als Placebo unerwünschte Wirkungen, insbesondere Übelkeit und Erbrechen. Viele Studien wiesen erhebliche methodische Mängel auf: so wurden beispielsweise in mehreren Studien multiple primäre Endpunkte getestet, ohne dass die statistische Signifikanzschwelle entsprechend angepasst wurde. Eine entsprechende Korrektur hätte bei einigen Studien zu einem nichtsignifikanten Resultat geführt. In mehreren Studien wurden auch Untersuchte nach der Randomisierung von der Analyse ausgeschlossen (attrition bias), was zu einer Verzerrung des Resultats führen kann.

Auf Grund der methodologischen Mängel der vorliegenden Studien und dem kleinen beobachteten klinischen Nutzen ist die wissenschaftliche Grundlage einer Empfehlung zur Behandlung von Alzheimerkranken mit Cholinesterasehemmer deutlich zu überdenken - insbesondere aufgrund von Kosten-Nutzen-Analysen.

In dieser systematischen Review wird aufgezeigt, dass die aktuellen Empfehlungen bezüglich Einsatz von Cholinesterasehemmern wissenschaftlich in Frage gestellt werden. Allerdings muss man festhalten, dass es praktisch schwierig ist, bei dementen Personen gute Studien durchzuführen, die eindeutig interpretierbar sind. Viele demente Patientinnen und Patienten müssen im Verlauf aufgrund des Krankheitsverlaufs oder anderer Komplikationen aus Studien ausgeschlossen werden. Zudem haben sich heute die Antidementiva weitgehend in der Praxis als Behandlung bei Alzheimer- Demenz durchgesetzt, so dass es schwierig ist, für neue Studien viele Kranke zu gewinnen. Insgesamt weisen die bisherigen Studien darauf hin, dass Alzheimer- Medikamente einen relativ geringen Effekt haben. Im weiteren handelt es sich um sehr teure Medikamente.

Wichtiger erscheint mir, die Patienten möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung zu betreuen - in anderen Studien konnte klar nachgewiesen werden, dass der Kontakt zu Personen, die die Alzheimerpatienten seit Jahrzehnten kennen (Ehe-Lebens-Partner/-in, Kinder den Verlauf günstig beeinflussen). Bei zunehmender Verschlechterung der Erkrankung, sollten möglichst frühzeitig kompetente Pflegepersonen beigezogen werden, nicht zuletzt auch zur Entlastung des Ehe-Lebens-Partner/-in.

Kaduszkiewicz H, Zimmermann T, Beck-Bornholdt HP et al. Cholinesterase inhibitors for patients with Alzheimer''s disease: systematic review of randomised clinical trials. BMJ 2005 (6. August); 331: 321-7

2.In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass körperliches Training auch bei alten Leuten zu einer Verbesserung der Körperkraft und von Depressionen führen kann. In dieser Studie wurde untersucht, ob bei Alzheimer-Kranken ein regelmässiges Training, kombiniert mit einer Beratung der betreuenden Personen, zu einer Verminderung der Abhängigkeit und zu einem späteren Eintritt in ein Heim führen.

Untersucht wurd

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