Schlaganfall
Deutsche Stroke Units so gut wie Studienzentren
In Deutschland ist die Lysetherapie bei ischämischem Schlaganfall in Stroke Units in der Praxis ähnlich erfolgreich wie in den klinischen Studien, in denen sie erprobt wurde. Das zeigt eine aktuelle Auswertung von Behandlungs-Ergebnissen.
Veröffentlicht:BERLIN. Je kürzer die Zeitspanne zwischen ersten Symptomen eines ischämischen Schlaganfalls und dem Beginn einer Lyse, desto günstiger sind die Behandlungsergebnisse für den Patienten.
Die Lysetherapie in Stroke Units ist dabei in Deutschland ähnlich erfolgreich wie in den klinischen Studien, in denen sie erprobt worden ist, hat jetzt eine Studie ergeben (BMJ 2014; 348: g3429). Die Daten bestätigen das Konzept der zertifizierten Stroke Units, berichten die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in einer Mitteilung.
Um die Behandlungsqualität bei der Lysetherapie zu verbessern, hatten sich im Jahr 2000 Neurologen aus Baden-Württemberg zur "Arbeitsgemeinschaft Schlaganfall" zusammengeschlossen und sich im Jahr 2002 die "Arbeitsgruppe Schlaganfall" bei der Geschäftsstelle Qualitätssicherung im Krankenhaus (GeQiK) konstituiert.
Unter Leitung von Professor Werner Hacke von der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg wurden die Behandlungsergebnisse der Jahre 2008 bis 2012 analysiert.
Dabei konnte auf die Daten der GeQiK zurückgegriffen werden, der alle Krankenhäuser des Bundeslandes Informationen zur stationären Behandlung von Schlaganfallpatienten mitteilen müssen. Angegeben waren auch meist der Schweregrad des Schlaganfalls, der Zeitpunkt der Lysetherapie und das Behandlungsergebnis bei Entlassung aus dem Krankenhaus.
Zunächst einmal zeigen die Ergebnisse, dass die Behandlungsmöglichkeiten an den 49 Stroke Units in Baden-Württemberg gut angenommen werden. "Bei insgesamt zwölf Prozent der Patienten wurde eine Lysetherapie durchgeführt, im Jahr 2012 waren es sogar 14 Prozent", berichtet Hacke.
"Das ist eine der weltweit höchsten Behandlungsraten". Jede sechste Lyse konnte innerhalb von 90 Minuten nach dem Beginn der Symptome begonnen werden. Bei diesem frühen Beginn erzielt die Lysetherapie die besten Ergebnisse.
In den klinischen Studien kam im Durchschnitt auf 4,5 Patienten einer, der später ohne größere bleibende Schäden aus der Klinik entlassen werden konnte, berichtet Hacke. Diese "Number needed to treat" (NNT) war auch der wichtigste Qualitätsindikator der Arbeitsgemeinschaft.
Ihre Auswertung ergab, dass die Kliniken in Baden-Württemberg in den Jahren 2008 bis 2012 ebenfalls eineNNT von 4,5 erreichten, wenn die Patienten innerhalb von 90 Minuten behandelt werden konnten. Und das, obwohl auch viele ältere Patienten über 80 Jahre eine Lyse erhielten.
Allerdings treffen auch viele Patienten mit Schlaganfallverdacht später in der Klinik ein. Zwei Drittel der Lysen konnten erst zwischen der 90. und 180. Minute durchgeführt werden. Die NNT verschlechterte sich auf 6,4. Auch dieser Wert war ähnlich den Werten in klinischen Studien.
Auch zwischen der 181. und 270. Minute ist eine Lysetherapie noch erfolgversprechend, zeigte die Auswertung und bestätigte damit die Studiendaten. Die NNT stieg jedoch auf 18 an.
In klinischen Studien lag sie sogar bei 21,4. "Diese Ergebnisse zeigen, dass wir weiterhin Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung betreiben müssen", sagt Hacke. "Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute!"
Für Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) bestätigen die Ergebnisse, dass sich die Einrichtung von Stroke Units bewährt hat. "Die Behandlung kann dort auf hohem internationalem Niveau und mit den gleichen Erfolgsaussichten wie in den klinischen Studien durchgeführt werden."
Dies sei letztlich auch der Zertifizierung durch die DSG zu verdanken. Diener: "In den derzeit 259 zertifizierten Stroke Units werden 70 bis 80 Prozent aller Patienten mit akuten Schlaganfällen in Deutschland behandelt."
Auch diese hohe Zahl weist auf eine sehr gute Schlaganfallversorgung in Deutschland hin, zeigt aber auch, dass es ländliche Regionen gibt, in denen weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um auch dort eine Stroke-Unit-Versorgung zu gewährleisten. (eb)