Erste endemische Welle

Drosten: „Nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei“

In Deutschland mehren sich Einschätzungen, dass die Corona-Pandemie in eine Endemie übergegangen ist. Justizminister Buschmann fordert ein Ende der „letzten Schutzmaßnahmen“.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Director of the Virology Institute of the Charite Berlin Christian Drosten address the media at a press conference at the Bundespressekonferenz in Berlin, Germany on Januray 14, 2022.

Gute Nachrichten zum Jahreswechsel: Christian Drosten, Fachmann für Coronaviren, sieht SARS-CoV-2 hierzulande jetzt als endemisch an (Foto vom Januar 2022).

© Emmanuele Contini / NurPhoto / picture alliance

Berlin. Die Corona-Pandemie ist aufgrund der breiten Immunität in der Bevölkerung nach Ansicht des Virologen Professor Christian Drosten in Deutschland ausgestanden. „Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit SARS-CoV-2, nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei“, sagte der Leiter der Virologie an der Berliner Charité dem „Tagesspiegel“.

Die Immunität gegen das Betacoronavirus SARS-CoV-2 werde nach diesem Winter so breit und belastbar sein, dass das Virus im Sommer kaum noch durchkommen könne, sagte Drosten. Anders könnte es seiner Einschätzung nach zwar bei einem weiteren Mutationssprung des Erregers kommen. „Aber auch das erwarte ich im Moment nicht mehr.“

Politiker für Ende der Schutzmaßnahmen

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat daraufhin am Montag (26. Dezember) für ein Auslaufen aller Schutzmaßnahmen plädiert. „Als politische Konsequenz sollten wir die letzten #Corona-Schutzmaßnahmen beenden“, forderte Buschmann auf Twitter.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat den Bund aufgerufen zu prüfen, ob das Infektionsschutzgesetz an die neue Lage angepasst werden kann. „Es ist an der Zeit, von einer Phase der Pflichten in eine Phase der Empfehlungen und der Eigenverantwortung überzugehen“, sagte Holetschek am Montag. „Bayern macht das bereits in vielen Bereichen, und wir fahren gut damit. Der Bund sollte nun zum Beispiel prüfen, ob die Maskenpflicht im Fernverkehr noch zeitgemäß und notwendig ist.“

Karagiannidis: „Influenza jetzt das größere Problem“

Ähnlich wie Drosten äußerte sich der Intensivmediziner Professor Christian Karagiannidis. Die Frage, ob die Pandemie nach dem Winter vorbei sei, bejahte er im Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). „Ich rechne damit, dass die Pandemie jetzt zunehmend ausläuft“, sagte er.

Und weiter: „Wir merken, dass die Immunitätslage der Bevölkerung solide ist und wir auf den Intensivstationen deutlich weniger Covid-Patienten haben. Da ist die Influenza jetzt das größere Problem.“

Die Einschätzung, dass der pandemische Zustand überwunden sein könnte, teilen etliche Beobachter. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO) und Virologe Thomas Mertens hatte bereits Ende Oktober gesagt, er halte SARS-CoV-2 inzwischen für ein endemisches Virus. Er verwies dabei darauf, dass die Frage Pandemie oder Endemie wohl mehr von psychologischer als von wissenschaftlicher Bedeutung sei.

Länder reagieren unterschiedlich

Die Bundesländer ziehen unterschiedliche Schlüsse aus der Lage, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt. Sie handhaben die Corona-Maßnahmen, deren Umsetzung in ihrer Hoheit liegt, völlig unterschiedlich. So ist die Maskenpflicht im Nahverkehr in Bayern und Sachsen-Anhalt bereits weggefallen, in Schleswig-Holstein läuft sie zum Jahresende aus.

Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben sich von der Isolationspflicht bei positivem Test verabschiedet – und setzen stattdessen auf eine verschärfte Maskenpflicht für Infizierte.

Andere lassen mehr Vorsicht walten. Für Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gilt: erst mal gut durch den Winter kommen. Die Landesregierung in Schwerin möchte die Isolationspflicht und die Maskenpflicht im Nahverkehr frühestens nach dem Winter kippen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will im Januar neu entscheiden, wie es weitergeht – betont aber schon jetzt, dass ihm Eigenverantwortung beim Masketragen im Nahverkehr wichtig sei. (dpa/eb)

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