Schädigende Mechanismen
E-Zigarette – Gefahr für Lunge, Herz und Hirn
Der Konsum von E-Zigaretten kann den oxidativen Stress in Gefäßen, Lunge und Gehirn erhöhen, haben Forscher herausgefunden. Dies kann sich negativ auf die Funktion der Organe auswirken.
Veröffentlicht:Mainz. Wissenschaftler aus Mainz und Boston haben neue Erkenntnisse über schädigende Mechanismen von elektronischen Zigaretten veröffentlicht (Eur Heart J 2019; online 13. November). E-Zigaretten galten ja als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten und wurden zudem als wirksame Methode zur Raucherentwöhnung vermarktet. Zwischenzeitlich mehren sich die Todesfälle nach dem Konsum von E-Zigaretten – nach jüngsten Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC sind in den USA mehr als 30 Menschen im Zusammenhang mit erhöhtem E-Zigaretten-Konsum gestorben, erinnert die Unimedizin Mainz in einer Mitteilung. Als möglicher Verursacher für die Todesfälle wurde nach Aussagen des CDC das Vitamin E-Acetat identifiziert.
Jüngste Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern um Professor Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Harvard Universität in Boston wiesen jetzt mögliche Mechanismen nach, die aufzeigen, dass E-Zigaretten, bestehend aus Propylenglykol und Glyzerin mit und ohne Nikotin, Schäden an Lunge, Herz und Gehirn verursachen können.
Endothelfunktion eingeschränkt
„Für die nun publizierte Studie haben wir bei 20 gesunden Rauchern die Wirkung von E-Zigarettendämpfen auf die Durchblutung der Brachialarterie im Oberarm untersucht, und zwar kurz bevor sie eine E-Zigarette dampften und 15 Minuten danach“, erklärt Studienleiter Münzel in der Mitteilung.
Ein entscheidendes Ergebnis sei, dass schon der Konsum einer E-Zigarette ausreichend ist, damit sich die Herzfrequenz erhöht und die Arterien versteifen, so der Kardiologe. „Ein weiteres Ergebnis: Bei den Rauchern war die Endothelfunktion eingeschränkt – ein wichtiger Befund, der sich auf die Funktionalität der Blutgefäße auswirkt.“
NOX-2 im Fokus
Die Wissenschaftler untersuchten zudem rund 150 Mäuse, die zuvor an einem, drei oder fünf Tagen sechsmal täglich 20 Minuten lang E-Zigarettendampf eingeatmet hatten. Professor Andreas Daiber, Mitautor der Studie, erläutert: „Die Ergebnisse der Untersuchungen am Tiermodell zeigten, dass das Enzym NOX-2 in den E-Zigaretten-Dämpfen die Schädigung von Blutgefäßen, auch in der Lunge und im Gehirn, auslöst“.NOX-2 sei in die Immunreaktionen des Organismus involviert. Es werde durch das toxische Aldehyd Acrolein, das beim Verdampfen entsteht, aktiviert und stimuliere die Bildung freier Radikale in Gefäßen, der Lunge und im Gehirn. Ein wichtiger Befund der aktuellen Untersuchung sei, dass Mäuse, die NOX-2 nicht produzieren konnten (NOX-2 knock-out-Mäuse), vor den schädlichen Auswirkungen des E-Zigaretten-Konsums nahezu vollständig geschützt waren, heißt es in der Mitteilung.
Wurden die Mäuse mit Macitentan oder Bepridil behandelt, zeigten sie keine Anzeichen von einer endothelialen Dysfunktion, oxidativem Stress oder Bluthochdruck. Macitentan wird bei Patienten eingesetzt zur Behandlung von Funktionsstörungen des Endothels, der pulmonalen arteriellen Hypertonie und von oxidativem Stress. Bepridil findet bislang Einsatz in der Therapie von oxidativem Stress, Zelltod bei Hypertonie, Angina pectoris oder Brustschmerzen. Die positiven Effekte dieser Medikamente lassen auf die zentrale Funktion von zwei Proteinen im Körper schließen: das an der Verengung der Arterien beteiligte Protein Endothelin 1 und das vor oxidativem Stress schützende Protein FOXO-3.
Münzel schätzt E-Zigaretten daher als gesundheitsgefährdend ein: „Wir wissen, dass E-Zigaretten im Vergleich zu normalen Tabakzigaretten weniger toxisch sind. Unsere Studie belegt jedoch, dass ein Kurzzeitgebrauch von E-Zigaretten den oxidativen Stress in Gefäßen, Lunge und Gehirn erhöhen kann. Dies kann sowohl kurzfristig als auch langfristig negative Auswirkungen auf die Funktion dieser Organe haben“. Die Daten deuteten darauf hin, dass E-Zigaretten keine „gesunde“ Alternative zu herkömmlichen Zigaretten seien, so Münzel. Es seien dringend Langzeitstudien erforderlich, um die möglichen gesundheitlichen Folgen von E-Zigarettengebrauch besser beurteilen zu können. (eb)