Europäischer Gesundheitsdatenraum
EU4Health: Digitalisierung zum Nutzen von Diabetikern
Das Programm EU4Health soll die europäischen Gesundheitssysteme durchdigitalisieren helfen. Davon sollen auch Diabetiker profitieren, heißt es in Brüssel.
Veröffentlicht:Brüssel. Die Corona-Pandemie lässt in der medizinischen Versorgung in der Europäischen Union (EU) fast keinen Stein mehr auf dem anderen. Analoge und verkrustete Strukturen, die eine schnelle und adäquate Reaktion in den Gesundheitssystemen jedes einzelnen EU-Mitgliedstaates in unterschiedlichem Maße fast unmöglich machten, sollen bald der Vergangenheit angehören. Nicht zuletzt das von der Kommission als Replik auf Corona aus dem Boden gestampfte Programm EU4Health – nach eigener Einschätzung „das ehrgeizigste Gesundheitsprogramm aller Zeiten“ – soll dazu beitragen, dass künftig besser seitens der EU und ihrer Mitglieder auf größere grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen reagiert werden kann.
Blick auf Diabetes künftig versperrt?
Programme wie diese sind es aber, die Professor Chantal Mathieu, die Vorsitzende des European Diabetes Forum (EUDF), auch Sorgen bereiten, dass der Fokus auf Corona und mögliche künftige Pandemien den Blick der europäischen Gesundheitspolitiker auf nicht-übertragbare Krankheiten wie Diabetes versperren, wie sie am Dienstag in Brüssel in einer gemeinsamen Online-Schalte des Europäischen Dachverbandes der forschenden Pharmazeutischen Industrie (EFPIA) und des EUDF bekundete. Zumal unter der von-der-Leyen-Kommission ausdrücklich Krebs die besondere Aufmerksamkeit bei Gesundheitsthemen geschenkt werden soll, könnten corona-bedingte Rückschritte bei der Versorgung von Diabetikern noch verstärkt werden, wenn der Schwerpunkt krankheitsübergreifend nur auf der Digitalisierung der Gesundheitssysteme liege.
Dem widersprach der rumänische Europaabgeordnete Cristian-Silviu Busoi (EVP), der zugleich auch Berichterstatter für EU4Health ist. Sicher genieße Krebs eine hohe Aufmerksamkeit – auch bei EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides –, doch gebe es genügend Kollegen im Parlament, die dafür sorgten, dass Diabetes wie andere nicht-übertragbare Krankheiten im Fokus blieben.
Als Chance sehen Mathieu und die anderen Diskussionsteilnehmer die von von der Leyen forcierte Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (European Health Data Space/EHDS) bis 2025, in dem der DSGVO-konforme Austausch von Patientendaten – zur individuellen Behandlung, aber auch zur Forschung im klinischen Kontext – interoperabel gewährleistet werden soll.
Für Dr. Jeannette Söderberg, Director European Research der Non-Profit-Organisation Juvenile Diabetes Research Foundation, kann der EHDS nur dann eine sinnvolle Einrichtung für die diabetische Versorgung darstellen, wenn die Daten, die europaweit in den verschiedensten Diabetesregistern bereits vorlägen, wissenschaftlich überprüft, standardisiert und interoperabel zur Verfügung gestellt würden. EUDF-Chefin Mathieu warnte in diesem Zusammenhang davor, dem während der Corona-Pandemie etablierten Verfahren, Daten als ungeprüften Preprints zu veröffentlichen, in der Diabetologie Eingang zu gewähren. „Lassen Sie uns wissenschaftlich Daten generieren und mit ihnen arbeiten!“ – so lautete ihr flammender Appell.
Patientengenerierte Daten im Blick
Für Söderberg ist es zudem für eine bessere EU-weite Versorgung der Diabetiker wichtig, patientengenerierte Gesundheitsdaten aufzunehmen – zum Beispiel in die klinische Forschung. Das beste Medikament würde schließlich auf Adhärenz-Probleme stoßen, wenn der Patient in Folge der Einnahme an Fatigue oder Schmerzen leide. Sei dies frühzeitig in der Entwicklung bekannt, könne schon hier gegengesteuert werden.