Hautkrebs als Berufskrankheit
Ein Anreiz für mehr Schutz
Seit dem 1. Januar 2015 sind das Plattenepithelkarzinom der Haut und dessen Frühform, die aktinische Keratose, als Berufskrankheiten anerkannt. Damit haben "Outdoor"-Beschäftigte Anspruch auf deutlich verbesserte Leistungen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Wer im Straßenbau oder als Dachdecker oft stundenlang in praller Sonne malocht, hat ein doppelt so hohes Risiko, an bestimmten Formen von hellem Hautkrebs zu erkranken wie die Durchschnittsbevölkerung.
Der kausale Zusammenhang zwischen berufsbedingter Sonnenexposition und multiplen aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinom ist durch Studien gut belegt. Es ist daher unverständlich, dass dieses Berufsrisiko bisher so wenig Beachtung gefunden hat.
Das soll sich nun ändern: Das Bundesarbeitsministerium hat die genannten Hautkrebsformen mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen.
Damit können Betroffene nun Ansprüche bei der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) geltend machen. Professor Swen Malte John, Leiter der Dermatologie an der Universität Osnabrück, erklärt, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.
So müssen Lichtschäden von einem Arzt diagnostiziert worden sein und sie müssen in Bereichen auftreten, die berufsbedingt der Sonne ausgesetzt waren, also in erster Linie an Händen, Unterarmen und im Gesicht.
Im Anerkennungsverfahren der GUV wird außerdem geprüft, ob eine ausreichend lange berufliche Sonnenbelastung stattgefunden hat. Dazu dient eine Formel, die Lebenszeitdosis und Alter des Antragstellers berücksichtigt.
"Je älter Sie sind", so John, "desto länger müssen sie beruflich exponiert gewesen sein, damit dies als rechtlich wesentlicher Einfluss gewertet werden kann."
Demnach müsste zum Beispiel ein Patient, der mit 60 Jahren an einem Plattenepithelkarzinom erkrankt, mindestens 18 Jahre in einem Freiluftberuf wie Straßenarbeiter, Dachdecker oder Landwirt tätig gewesen sein, um bei der GUV anspruchsberechtigt zu sein.
Auch wer bereits Rentner ist, kann profitieren
Zum einen geht es dabei um Rentenansprüche. Deren Höhe richtet sich danach, in welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit durch die Erkrankung gemindert ist oder war.
Auch wer bereits Rentner ist, kann von der Neuregelung profitieren: Die Ansprüche können bis zu vier Jahre rückwirkend geltend gemacht werden.
Zum anderen übernimmt die GUV nach entsprechender Prüfung auch medizinische Leistungen. Diese werden ab dem Moment erstattet, in dem der Anerkennungsbescheid ergeht. "Und das", so John, "kann schon mal einige Monate in Anspruch nehmen."
Der Versicherte ist dann allerdings deutlich besser gestellt als im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. So fallen zum Beispiel keine Rezeptgebühren an, und auch das Spektrum der möglichen Behandlungen ist sehr viel größer.
Aber auch (sekundär-)präventive Maßnahmen wie die Anwendung von Sunblockern und vor allem Nachsorgeuntersuchungen beim Dermatologen sind im Leistungspaket der Unfallversicherung enthalten.
"Ein beruflich bedingter Lichtschaden ist eine chronische Erkrankung", betonte John im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Mit einem erneuten Aufflackern von Hauttumoren müsse man daher rechnen.
Mit der Einführung der neuen Berufskrankheit wird sich, so steht zu hoffen, das Bewusstsein für den Risikofaktor Sonne schärfen.
Schon vorher war der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, alle gesundheitsgefährdenden Einflüsse am Arbeitsplatz zu benennen und dafür zu sorgen, dass diese so gering wie möglich gehalten werden.
Gerade in Kleinbetrieben wurden entsprechende Schutzmaßnahmen jedoch oft vernachlässigt, moniert John.
Dabei sind präventive Maßnahmen oft sehr einfach: "Sinnvoll ist alles, was die Sonne abhält", so der Dermatologe. Dazu könne ein Sonnensegel dienen, oder auch ein breitkrempiger Hut oder ein Helm mit Nackenschutz.
Drei Millionen Menschen in Freiluftberufen
Gegenwärtig sind rund drei Millionen Menschen in Deutschland in Freiluftberufen beschäftigt. Die GUV rechnet damit, dass ihr in den nächsten fünf Jahren etwa 40.000 ärztliche Anzeigen mit Verdacht auf eine Berufskrankheit zugestellt werden.
Um dem Ansturm gewachsen zu ein, wurden bereits rund 20 Millionen Euro zurückgelegt. Diese Summe wird letztlich auf die Arbeitgeber umgelegt, die in die gesetzliche Unfallversicherung einzahlen.
Man kann das durchaus als zusätzlichen Anreiz sehen, mehr für den Sonnenschutz der Beschäftigten zu tun.
An spezifischen Vorschriften für einzelne Berufsgruppen mangelt es bislang. Während der Schutz vor künstlicher UV-Exposition, also etwa für Schweißer, auf europäischer Ebene geregelt ist, hat man, so John, "die natürliche UV-Exposition ausgeblendet".
Das ist vor dem Hintergrund, dass die WHO die Sonnenstrahlung in puncto Kanzerogenität auf eine Stufe mit Plutonium gestellt hat, vollkommen unverständlich. Beim Arbeitsschutz wird man in diesem Punkt noch erheblich nachbessern müssen.