Antibiotikasaft für Kinder

Eltern dosieren oft falsch

Bei etwa jeder zweiten Zubereitung von Antibiotikasäften machen Eltern Fehler beim Portionieren und Mischen, wie Forscher herausgefunden haben. Das birgt die Gefahr von Unter- und Überdosierung.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Bei der Zubereitung eines Antibiotikasafts haben Mütter offenbar eine sicherere Hand als Väter.

Bei der Zubereitung eines Antibiotikasafts haben Mütter offenbar eine sicherere Hand als Väter.

© ilona75 / iStock / Thinkstock

PARIS. Eltern machen jede Menge falsch, wenn es darum geht, ihrem Sprössling eine flüssige Medizin zu verabreichen. Viele haben Probleme mit der Zubereitung oder wissen nicht, wie der Dosierlöffel richtig einzusetzen ist.

Muss ein Antibiotikum als Suspension aufgelöst werden, wird die adäquate Versorgung daher oft zum Glücksspiel. In jedem zweiten Fall wird falsch aufgefüllt oder zu wenig geschüttelt.

Die Folge sind Unter- oder Überdosierungen. Auch kann jeder zweite Erwachsene nicht richtig mit dem Dosierlöffel umgehen, wie eine Studie ergeben hat (Arch Dis Child 2016; online 4. Januar).

Einem Kind ein Antibiotikum zu verabreichen ist heute eigentlich kein Problem mehr, zumal mittlerweile zum Teil sogar die Geschmacksrichtungen der Säfte auf die gustatorischen Vorlieben der Kleinen ausgerichtet sind. Allerdings steht und fällt der Therapieerfolg mit der richtigen Dosierung. Doch genau hier scheint bei den Eltern oft einiges schief zu laufen.

Nicht geschüttelt, nicht gewartet

In einer prospektiven Beobachtungsstudie sind Aurore Berthe-Aucejo, Paris, und Kollegen der Frage nachgegangen, wie häufig Eltern, Großeltern und andere Versorger von Kindern Fehler bei der Zubereitung und Dosierung oraler Medikationen machen.

Hierzu wurden 100 Personen, die für die Versorgung eines in der Robert-Debré-Kinder-Universitätsklinik behandelten Kindes zuständig waren, in die Untersuchung eingeschlossen.

Die Erwachsenen erhielten entweder ein Rezept für Amoxicillin mit Dosierlöffel oder für Josamycin mit Dosierpipette.

Nachdem sie von einem Apotheker über die Anwendung des Antibiotikums informiert worden waren, stellten sie in einer praktischen Übung die Suspension her und dosierten die verschriebene Menge.

Danach wurden sie per Fragebogen zu ihrem allgemeinen Wissen zu oralen Flüssigmedikationen befragt.

Die Fehler, die die Eltern beim Ansetzen der Antibiotikasäfte machten, brachten etwa bei jeder zweiten Zubereitung die Gefahr der Über- oder Unterdosierung mit sich.

So wurde beispielsweise das Wasser nicht bis zur richtigen Markierung aufgefüllt, nicht genügend geschüttelt, sodass die Suspension klumpig blieb, und nicht ausreichend lang bis zum Absetzen des Schaumes gewartet.

Markierung schlecht erkennbar

56 Prozent der Eltern schafften es nicht, mit dem Dosierlöffel die richtige Menge abzumessen, sodass das Medikament unterdosiert war. Die meisten davon nahmen irrtümlich an, die 2,5-ml-Markierung im Löffel stelle die Marke für die 5-ml-Dosis dar.

Auch die schlechte Erkennbarkeit der Markierungen wurde bemängelt. Aus diesen Gründen, so die Wissenschaftler, sei generell der Gebrauch eines Dosierlöffels zu überdenken. Weniger Probleme bereitete offenbar die Dosierspritze, hier lag die Fehlerquote bei 10 Prozent. Aber auch die Umrechnung des Körpergewichts von Pfund in Kilogramm machte zuweilen Probleme.

In jedem Fall, so die Studienautoren, müsse den Eltern die Handhabung der Applikationshilfe zur oralen Gabe eines Medikaments vom Arzt genau erklärt werden. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass das Erklärte auch verstanden wurde.

Bei der Zubereitung des Saftes hatten die Mütter insgesamt eine sicherere Hand als die Väter. Vermutlich eine Frage der Erfahrung, meinen Berthe-Aucejo und Kollegen. Auch Sprachprobleme sowie das Alter spielten eine Rolle für die richtige Mischung. Die Männer glänzten gegenüber den Frauen eher bei der richtigen Dosierung.

82 Prozent der Eltern gaben an, den Beipackzettel gelesen zu haben. Dies bewahrte sie aber nicht vor falschen Zubereitungen, meist hatten sie lediglich die Infos zu den Nebenwirkungen gelesen.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 27.04.201611:44 Uhr

sicher keine Überraschung

ich habe allerdings noch nicht erlebt, dass mir ein Apotheker das mit dem "Schütteln" richtig erklärt hat, so schwer ist das ja nicht. Mein Wunsch an die Pharmaindustrie: Nicht immer so große Packungen, die man dann regelmäßig nach dem "Schütteln" wegwerfen muss.
Mehr als 4-5 Tage werden ambulant eigentlich nicht benötigt.
"Waschzettel" sind zu 90% juristische Dokumente mit dem penetranten Hinweis auf den Arzt als Haftungsausschluss. Für mich als Arzt, der das natürlich gerne übernimmt, eigentlich mit zu wenig Informationen.
Wie will denn der Arzt alle möglichen Risiken übernehmen, wenn ihm die Informationen vom Hersteller fehlen?

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