Schädlicher Frühjahrsputz
Erhöhte Gefahr für Hanta-Infektionen nach den "fetten Jahren"
Wer beim Frühjahrsputz Staub einatmet, setzt sich in manchen Gebieten Deutschlands einem erhöhten Infektionsrisiko aus. Forscher haben nun die Entwicklung von Hanta-Infektionen im gesamten Bundesgebiet untersucht.
Veröffentlicht:FRANKFURT / MAIN. Hanta-Viren erregten erstmals Anfang der 1950er-Jahre öffentliches und wissenschaftliches Interesse, als zahlreiche amerikanische Soldaten sich in Korea mit dem damals unbekannten Erreger infizierten und an hämorrhagischem Fieber erkrankten. In Deutschland wurden Infektionen mit Hanta-Viren Mitte der 1980er Jahre bekannt.
Belastbare Daten über die Häufigkeit der Hanta-Virus-Infektionen sind in Deutschland seit der Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 verfügbar. Eine Arbeitsgruppe um Professor Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt hat nun gemeinsam mit Kollegen des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums Daten zusammengetragen, um räumliche, zeitliche und saisonale Muster für das Auftreten der Infektion zu identifizieren (PeerJ 2018; online 1. Februar).
"Fette Jahre" mit viel Früchten
In den meisten Fällen ist das durch die Rötelmaus übertragene Puumala-Virus (PUUV), eine von mehreren Hanta-Virus-Arten, die Ursache für eine Infektion, erinnert die Uni Frankfurt. Die Maus selbst erkrankt nicht, kann den Erreger aber zum Beispiel durch einen Biss auf den Menschen übertragen.
Wichtige Faktoren für die Rötelmausdichte seien die Landnutzung (insbesondere der Waldanteil), klimatische Faktoren (kalte Winter) und das Nahrungsangebot, berichten die Wissenschaftler.
Erhöhte Gefahr drohe daher im Frühsommer und in waldreichen Gebieten sowie nach "fetten Jahren" für die Rötelmaus: Jahre, in denen Buche, Eiche und Kastanie besonders viele Früchte produzieren (Mastjahre), bedeuten ein reiches Nahrungsangebot für den Krankheitsüberträger. Das führt oft zu einem starken Anstieg der Populationsdichte und damit zu mehr infizierten Rötelmäusen, was letztlich auch das Infektionsrisiko für den Menschen erhöht.
Tatsächlich gingen den infektionsreichen Jahren 2007, 2010 und 2012 jeweils Mastjahre voraus, berichten Klimpel und seine Kollegen. Allerdings folgte auf das Mastjahr 2014 nur ein Jahr mit leicht erhöhter Anzahl an humanen Puumala-Virus Infektionen. Entscheidend für das Auftreten von Mastjahren sind wiederum klimatische Bedingungen in den Vorjahren und der zeitliche Abstand zum vorhergehenden Mastjahr.
Viele Fälle im Süden
Besonders viele Puumala-Virus-Infektionen treten den Analysen der Wissenschaftler zufolge in Baden-Württemberg und angrenzenden Gebieten in Bayern und Nordrhein-Westfalen auf. In Nordostdeutschland gibt es dagegen wenige PUUV-Virus-Fälle. In großen Städten und Ballungsgebieten ist die Zahl der PUUV-Infektionen pro 100.000 Einwohner tendenziell höher als in ländlichen Gebieten.
Während die räumlichen Muster über die letzten 15 Jahre ähnlich geblieben sind, gab es starke zeitliche Schwankungen: So war die Zahl der gemeldeten PUUV-Infektionen in den erwähnten Jahren 2007, 2010 und 2012 besonders hoch.
Schwierige Vorhersage
Aufgrund der komplexen Zusammenhänge und der Vielzahl an Faktoren, die Einfluss auf die Zahl der Puumala-Virus-Infektionen haben, sei es derzeit noch schwierig, ein zuverlässiges Vorhersage-Modell zu erstellen, so das Resümee der Forscher. Anhand von Korrelationsanalysen haben sie allerdings ein höheres Risiko für waldreiche Gebiete festgestellt, sowie für den Frühsommer und für Jahre, die auf ein Mastjahr folgen.
"Durch den Klimawandel, der häufigere Mastjahre und mildere Winter mit sich bringt, könnte die Zahl der Puumala-Virus-Infektionen künftig ansteigen", wird Klimpel in der Mitteilung zitiert. (eb/bae)