Ebola
Experten sehen Defizite bei Transportkapazitäten für Erkrankte
Deutschland ist nach Einschätzung von Experten nicht ausreichend auf den möglichen Transport von Ebola-Kranken innerhalb des Landes vorbereitet. Ein führender Tropenmediziner fordert zudem die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle.
Veröffentlicht:BERLIN. Deutschland ist nach Einschätzung von Experten nicht ausreichend auf den möglichen Transport von Ebola-Kranken innerhalb des Landes vorbereitet. Das geht nach einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios aus einer Analyse der Schutzkommission beim Bundesinnenministerium hervor.
Die unabhängige Runde von Wissenschaftlern bemängelt laut Bericht, es sei nicht einmal bekannt, wie viele spezielle Rettungswagen es dafür gebe. Geschätzt seien es nur zwölf bundesweit. Für den Fall, dass Ebola in die Bundesrepublik eingeschleppt würde, sei Deutschland insgesamt aber besser aufgestellt als viele andere Industriestaaten.
In der Analyse heiße es weiter, einzelne Ebola-Fälle seien medizinisch gut beherrschbar, doch auch bei Einzelfällen müsse mit erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Risiken gerechnet werden. So seien Feindseligkeiten gegenüber dunkelhäutigen Menschen fremder Herkunft möglich.
Eventuell würden Menschen in Regionen mit Ebola-Fällen aus Angst nicht mehr zur Arbeit gehen.
Die Schutzkommission beim Bundesinnenministerium ist ein Gremium von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen. Die Runde berät die Bundesregierung ehrenamtlich in wissenschaftlichen und technischen Fragen zum Thema Schutz der Zivilbevölkerung.
Tropenmediziner fordert Koordinierungsstelle
Ein führender deutscher Tropenmediziner hat sich im Kampf gegen Ebola für eine zentrale Koordinierungsstelle in Deutschland ausgesprochen. "Infektionen machen nicht an den Grenzen der Bundesländer Halt", sagte der Sprecher des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren, August Stich, der "Berliner Zeitung". Der Infektionsschutz sei zwar Ländersache, eine bessere übergeordnete staatliche Vernetzung sei aber "sehr wünschenswert".
Der Würzburger Tropenmediziner und Ebola-Experte forderte zudem mehr Personal für die aufwendige Betreuung der Infizierten. "Wir werden Schwierigkeiten bekommen, wenn Hunderte deutsche Helfer aus dem Ebola-Gebiet zurückkehren", sagte Stich.
Es werde viele Verdachtsfälle geben, nicht etwa, weil sich alle im Einsatz ansteckten, sondern weil einfach jeder mit erhöhter Temperatur oder anderen Symptomen sicherheitshalber überprüft werden müsse.
Momentan seien an den sieben deutschen Standorten mit Sonderisolierstationen nicht genügend Ärzte, Pfleger und Schwestern vorhanden, die für die Arbeit auf der höchsten Sicherheitsstufe ausgebildet seien.
US-Krankenschwestern streiken für mehr Sicherheit
Unterdessen wollen Krankenschwestern in den USA einen besseren Schutz vor Ebola erwirken. Die Gewerkschaft National Nurses United (NNU) rief ihre Mitglieder in mehreren Bundesstaaten für den 12. November unter anderem zu Arbeitsniederlegungen auf.
Ziel sei es, höhere Sicherheitsstandards zu etablieren, teilte der Verband mit. Die Gewerkschaft ist nach eigenen Angaben die größte ihrer Art in den Vereinigten Staaten. Ihr gehören demnach mehr als 180.000 Mitglieder an. Zwei Krankenschwestern hatten sich zuletzt in einer Klinik im US-Bundesstaat Texas bei einem Ebola-Patienten angesteckt.
34 Ländern einigen sich in Kuba auf gemeinsame Strategie
Gesundheitsexperten und Regierungsvertreter aus 34 mehrheitlich amerikanischen Ländern haben sich in Kuba auf gemeinsame Strategien zur Ebola-Bekämpfung geeinigt.
Zum Abschluss eines zweitägigen Treffens der 278 Spezialisten in der Hauptstadt Havanna legten die Teilnehmer einen Leitfaden für ihre künftige Arbeit vor, wie die kubanische Nachrichtenagentur "Prensa Latina" berichtete.
Vorgesehen sind unter anderem die Einrichtung interdisziplinärer Eingreifgruppen und einheitliche Sicherheitsstandards.
China verstärkt Hilfen für Westafrika
Derweil verstärkt China seine Hilfen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie: Es seien insgesamt 750 Millionen Yuan, umgerechnet 97 Millionen Euro, bereitgestellt worden, teilte der Generaldirektor im Außenministerium in Peking, Lin Songtian, mit. Die Zahl der medizinischen Helfer aus China in der Region werde von 200 auf 700 aufgestockt.
In Liberia baue China innerhalb eines Monats ein Behandlungszentrum auf. China schicke auch 60 Krankenwagen, 100 Motorräder, 10.000 Gesundheitskästen, Schutzkleidung, Krankenhausbetten und Kleintransporter in die Region.
Die Weltgesundheitsorganisation hat in den am stärksten betroffenen Ländern Liberia, Sierra Leone und Guinea fast 14.000 Infektionen registriert - und etwa 5000 Tote. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. (dpa)