Extremisten verhindern Ausrottung der Kinderlähmung
Polio ist weltweit fast ausgerottet. Aber kriegerische Auseinandersetzungen und islamische Extremisten verhindern den endgültigen Sieg über die Kinderlähmung. Vor allem in Nigeria droht ein Rückschlag.
Veröffentlicht:KAPSTADT/ABUJA (dpa). Anders als in anderen Ländern sind in Nigeria die Poliofälle im Jahr 2011 deutlich gestiegen.
Der bevölkerungsreichste Staat Afrikas wird seit Monaten von Terroranschlägen erschüttert. Zudem sprechen sich dort islamische Sekten gegen die Polio-Impfung aus.
"Sie glauben, der Impfstoff sei nicht sicher und verursache Unfruchtbarkeit", berichtet die Sprecherin des UN-Kinderhilfswerks Unicef in Nigeria, Tommi Laulajainen.
250.000 Kinder jedes Jahr
Poliomyelitis ist zwar weltweit zu 99 Prozent ausgerottet. Ende 2011 gab es laut WHO nur noch rund 650 gemeldete Erkrankungen. Die wenigen Fälle bleiben jedoch eine Bedrohung für den Rest der Welt.
Das Virus unter Kontrolle zu bringen, ist ein ehrgeiziges und teures Projekt. Als in Kenia 2006 nach 22 Jahren erstmals wieder ein Polio-Fall entdeckt wurde, musste das Land zehn Millionen US-Dollar investieren, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Falls Polio also nicht in den nächsten Jahren ausgerottet wird, werden laut WHO innerhalb der nächsten Dekade jedes Jahr wieder 250.000 Kinder gelähmt werden. Vor allem in Nigeria droht jetzt ein herber Rückschlag.
Im muslimischen Norden des Landes, dem afrikanischen Epizentrum der Krankheit, wird die Impfung großflächig abgelehnt. Der Terror-Anschlag auf das UN-Gebäude in der Hauptstadt Abuja im August 2011 mit 18 Toten hatte die Lieferungen des Impfstoffs im Land massiv erschwert. Die Zahl neuer Poliofälle stieg sofort.
Polio weiter eine Gefahr
Auch in Pakistan und Afghanistan lehnen Gruppen wie die Taliban die Impfung ab, berichtet die WHO. Heute ist Polio nur noch in Nigeria, Pakistan und Afghanistan in größerem Maße verbreitet.
Doch von hier aus breitet sich das Virus erneut in Länder aus, die zuvor als poliofrei klassifiziert worden waren. 2011 wurden wieder Fälle aus dem Tschad, der Demokratische Republik Kongo, aus Angola, Bangladesch, Nepal, Tadschikistan und China gemeldet.
"Solange es Poliomyelitis irgendwo gibt, bleibt das Virus überall eine Gefahr", warnt der Direktor der US-Behörde für Krankheitsbekämpfung (CDC), Thomas Frieden.
"Wenn wir nicht wachsam bleiben, wird Polio mit Gewalt wiederkommen, mit hohen menschlichen und finanziellen Kosten."
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