Kommentar zur DEGS-Studie
Fakten gegen Kurzschlüsse
Es klingt ja alles sehr plausibel: Der Druck in der Arbeitswelt nimmt zu, die beruflichen Perspektiven werden immer weniger berechenbar, das traditionelle Familienmodell zerbröselt. Ist es also ein Wunder, dass eine derart verunsicherte Gesellschaft immer mehr psychische Störungen erzeugt?
In dieses Bild passen auch die mantra-artigen Verkündigungen von Krankenkassen, die eine kontinuierliche Zunahme von Fehltagen durch psychische Störungen feststellen. Da tut es doch gut, wenn harte Fakten solche Hypothesen als eines entlarven: gedankliche Kurzschlüsse.
Denn lässt man Ärzte durch Deutschland reisen, um der Bevölkerung auf den Zahn zu fühlen, wie es für den DEGS-Survey geschah, so ergibt sich ein ganz anderes Bild: Die Prävalenz psychischer Störungen hat sich in den vergangenen Dekaden kaum verändert.
Was sich aber ändert, ist die Aufmerksamkeit: Solche Störungen werden heute seltener mit dem Deckmantel eines organischen Leidens verhüllt - statt diffusem Rückenschmerz wird öfter die Depression als wahrer Grund für die Fehltage erkannt.
Nach den DEGS-Daten hinken die Kassenstatistiken aber deutlich der Realität hinterher. Man wird sich daher wohl noch lange anhören müssen, dass die Zahl der psychisch Kranken angeblich wächst.
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