Langfristiger Effekt
Fastfood macht Immunsystem aggressiver
Eine Diät mit viel Zucker, Fett und Kohlenhydraten fördert langfristig Entzündungen im Körper. Die Zellen vergessen eine "westliche Diät" lange nicht, so eine Studie.
Veröffentlicht:BONN. Auf fett- und kalorienreiche Kost reagiert das Immunsystem ähnlich wie auf eine bakterielle Infektion. Das zeigt eine Studie unter Federführung der Uni Bonn (Cell 2017; online 11. Januar). Besonders beunruhigend: Ungesundes Essen scheint die Körperabwehr langfristig aggressiver zu machen, teilt die Uni mit. Auch lange nach Umstellung auf gesunde Kost komme es daher schneller zu Entzündungen.
Für ihre Studie setzten die Forscher Mäuse einen Monat lang auf eine "westliche Diät" mit viel Fett, viel Zucker und wenigen Ballaststoffen. Die Tiere entwickelten daraufhin eine massive körperweite Entzündung – fast wie nach einer bakteriellen Infektion.
"Die ungesunde Diät hat zu einem unerwarteten Anstieg einiger Immunzellen im Blut geführt. Das war ein Hinweis auf eine Beteiligung von Vorläuferzellen im Knochenmark in dem Entzündungsgeschehen", wird Dr. Anette Christ von der Uni Bonn in der Mitteilung zitiert.
Vorläuferzellen isoliert
Um diese Veränderungen besser zu verstehen, haben die Wissenschaftler die Vorläuferzellen von Immunzellen aus dem Knochenmark von Mäusen, die mit "westlicher Diät" oder normaler Diät gefüttert wurden, isoliert und eine systematische Analyse deren Funktion und Aktivierungsstatus durchgeführt.
Genomische Untersuchungen zeigten, dass in den Vorläufer-Zellen durch die westliche Diät eine große Anzahl von Genen aktiviert wurde. Betroffen waren etwa Erbanlagen für ihre Vermehrung und Reifung, heißt es weiter.
Langfristiger Effekt
Wenn die Forscher den Nagern nun vier weitere Wochen lang arttypische Getreide-Kost anboten, verschwand die akute Entzündung. Was nicht verschwand, war die genetische Reprogrammierung der Immunzellen: Auch nach diesen vier Wochen waren in ihnen noch viele der Erbanlagen aktiv, die in der Fastfood-Phase angeschaltet worden waren.
"Wir wissen erst seit kurzem, dass das angeborene Immunsystem über ein Gedächtnis verfügt", erklärt Professor Eicke Latz von der Universität Bonn. "Nach einer Infektion bleibt die Körperabwehr in einer Art Alarmzustand, um dann schneller auf einen neuen Angriff reagieren zu können."
Bei den Mäusen wurde dieses sogenannte "innate immune training" nicht durch ein Bakterium ausgelöst, sondern durch ungesunde Ernährung.
"Fastfood-Sensor" bekannt
Das Team konnte auch den "Fastfood-Sensor" in den Immunzellen identifizieren, der dafür verantwortlich ist. Es untersuchte dazu Blutzellen von 120 Testpersonen. Bei einigen dieser Probanden zeigte das angeborene Immunsystem einen besonders starken Trainings-Effekt.
In ihnen fanden die Forscher genetische Hinweise darauf, dass daran ein Inflammasom beteiligt ist. Inflammasome erkennen ja schädliche Substanzen und setzen in der Folge hoch entzündliche Botenstoffe frei.
Das in der Studie identifizierte Inflammasom werde durch bestimmte Nahrungsmittel-Inhaltsstoffe aktiviert. Diese Aktivierung verändere die Art und Weise, in der Erbinformation verpackt ist und führe dazu, dass sich manche normalerweise versteckten DNA-Teile entrollen. Dieser Bereich der Erbsubstanz wird dadurch langfristig leichter ablesbar.
Das Inflammasom stoße also epigenetische Änderungen an, heißt es in der Mitteilung. Das Immunsystem reagiere in der Folge schon auf kleine Reize mit stärkeren Entzündungsantworten.
Diese wiederum können die Entstehung von Gefäßkrankheiten oder auch Typ 2-Diabetes drastisch beschleunigen, erinnert die Uni. (eb)