Geboren ohne Nase
Genetische Ursache entschlüsselt
Manchen Menschen fehlen durch ein Fehlentwicklung Teile der Nase und Augen. Jetzt haben Forscher die Ursache gefunden – in den Genen.
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Entdeckt: Fehlentwicklungen der Nasen- und Augenpartie bei zwei Syndromen haben mit einer Genmutation zu tun.
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Göttingen. Einem internationalen Forscherteam unter federführender Beteiligung der Arbeitsgruppe von Professor Bernd Wollnik, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), ist es gelungen, die genetische Ursache der fehlenden Nasenentwicklung bei Patienten mit Arhinie und Bosma-Syndrom zu entschlüsseln (Nature Genetics 2017, online 9. Januar).
Verantwortlich für die Erkrankung ist eine Mutation im Gen SMCHD1. Die Erkrankung ist äußerst selten, weltweit sind weniger als fünfzig Betroffene beschrieben: Menschen mit einer sogenannten "Arhinie" haben keine oder eine nicht vollausgebildete Nase. Sind zusätzlich auch die Augen betroffen, spricht man vom "Bosma-Syndrom".
Gleichzeitig haben die Forscher faszinierende Erkenntnisse über die ursächlichen, molekularen Mechanismen gewonnen. Diese könnten auch die künftige Entwicklung von neuen therapeutischen Ansätzen bei einer ganz anderen erblichen Erkrankung, der sogenannten "fazioskapulohumeralen Muskeldystrophie Typ 2" (FSHD Typ 2), ermöglichen, deren genetische Ursache ebenfalls eine Mutation im Gen SMCHD1 ist, heißt es in einer Mitteilung der UMG.
19.000 Gene sequenziert
In ihrer Studie haben die Wissenschaftler das Erbgut von 14 Patientinnen und Patienten mit Arhinie untersucht. Mit neuesten molekulargenetischen Methoden des sogenannten Next-Generation-Sequencing analysierten sie gezielt die proteinkodierenden Elemente aller jeweils zirka 19.000 Gene der Betroffenen.
Alle Patienten trugen eine krankheitsverursachende Veränderung im Gen SMCHD1. Die Mutationen waren in der Erbinformation der Patienten jeweils neu entstanden, das heißt nicht von den Eltern vererbt.
Dass Mutationen im Gen SMCHD1 schwer wiegende Konsequenzen für die Gesundheit haben können, war bereits bekannt. Allerdings wurden diese bislang nur im Zusammenhang mit der sogenannten fazioskapulohumeralen Muskeldystrophie nachgewiesen, einer angeborenen Muskelerkrankung, die in seltenen Fällen auch den Herzmuskel betreffen kann.
"Die neuen genetischen Untersuchungen legten nun also nahe, dass Veränderungen im Gen SMCHD1 je nach Art der Mutation völlig unterschiedliche Erkrankungen hervorrufen können, die ganz unterschiedliche Organsysteme und Gewebe betreffen", wird Dr. Gökhan Yigit, Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Humangenetik der UMG und einer der Erst-Autoren der Publikation, in der Mitteilung zitiert. (eb)