Patientenbetten auf dem Flur

Grippewelle bringt Kliniken in Bredouille

Die Grippewelle setzt Deutschland zu: Es gibt immer mehr Kranke, was manche Kliniken in Schwierigkeiten bringt. Einige Krankenhäuser sind so überfüllt, dass Patienten auf dem Gang übernachten müssen.

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Die Grippewelle rollt - und hat ihren Höhepunkt möglicherweise noch gar nicht erreicht.

Die Grippewelle rollt - und hat ihren Höhepunkt möglicherweise noch gar nicht erreicht.

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NEU-ISENBURG. Deutschland steckt nach wie vor mitten in der Grippewelle. Die Zahl der Influenza-Erkrankten hat die 20.000er Marke wahrscheinlich geknackt - und es wird vermutlich noch schlimmer.

"In Deutschland steht der Gipfel noch bevor", sagt Professor Klaus Schughart, Leiter der Abteilung "Infektionsgenetik" am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. Er rechnet damit, dass der Höhepunkt erst in den nächsten drei Wochen erreicht wird.

Ursache des Problems: In dieser Grippe-Saison kursiert der Virus-Subtyp H3N2, der nicht optimal durch den aktuellen Grippe-Impfstoff abgedeckt wird.

Besonders betroffen sind Baden-Württemberg und Bayern, die AG Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) meldete vergangene Woche aber eine stark erhöhte Aktivität akuter Atemwegserkrankungen (ARE) in ganz Deutschland.

Fast siebenmal so viele Influenzafälle wie 2014 seien dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit registriert worden, berichtet die "Augsburger Allgemeine".

Patientenansturm macht Kliniken zu schaffen

Die Erkrankungswelle bringt manche Kliniken in die Bredouille - zu groß ist der Ansturm an hustenden, schnupfenden und fiebrigen Patienten und die Zahl der selbst erkrankten Mitarbeiter.

Etwa das Städtische Klinikum Karlsruhe meldete, wegen der akuten Grippewelle stark belastet zu sein. Die letzte Woche sei die zweitstärkste Woche in dieser Grippe-Saison gewesen, teilt das Krankenhaus der "Ärzte Zeitung" mit. Die Klinikleitung habe zusätzliche Isolierbereiche geschaffen, um die Patienten stationär unterbringen zu können, hieß es. An den vergangenen beiden Tagen sei ein leichter Rückgang zu verzeichnen, berichtete eine Sprecherin.

Einige Krankenhäuser in Niedersachsen stoßen schon an ihre Grenzen. Die Stationen seien teilweise überlastet und müssten Betten auf die Gänge stellen oder Zimmer überbelegen, sagte Helge Engelke von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft dem "Fokus".

Das Klinikum Braunschweig berichtet ebenfalls davon, Betten im Flur aufgestellt zu haben. "Flur- und Zusatzbetten sind zwar für die jeweiligen Patienten nur ein vorübergehender Aufenthaltsort, denn sie erhalten immer das nächste freie Bett in einem Patientenzimmer, trotzdem ist diese Situation schwer erträglich", heißt es in einer Mitteilung.

Mehr als eine Nacht müssten die Patienten in der Regel aber nicht auf dem Flur verbringen. Das betreffe pro Tag bis zu 15 Patienten, berichtet "Focus".

Viele erkrankte Klinikmitarbeiter

Ein weiteres Problem für die Kliniken sind die vielen Mitarbeiter, die selbst mit Grippe flach liegen. "Die Zahl der an Influenza erkrankten Mitarbeiter geht schon über das hinaus, was wir in einem normalen Februar haben", sagte Martin Kimmel, Oberarzt im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, im Gespräch mit "Spiegel online".

Um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden, setzen Krankenhäuser verstärkt auf Hygiene. Im Städtischen Klinikum Karlsruhe sind nach Angaben einer Sprecherin die Mitarbeiter nochmals auf die Regeln im Umgang mit Influenza-Fällen hingewiesen worden.

Und um die Mehrarbeit und die Zahl der Überstunden für das verbliebene Personal nach den vielen Ausfällen zu kompensieren, seien die Mitarbeiter, die ursprünglich frei gehabt hätten, um Mithilfe gebeten worden.

Keinen besonders hohen Krankenstand notieren unterdessen zahlreiche Großunternehmen im Süden, wie die dpa nach einer Umfrage bei BMW, Daimler, Siemens, BASF und Co. meldete.

"Wie immer" oder "saisonüblich" seien zwar die Erkrankungszahlen zuletzt nach oben gegangen - oftmals wegen der Grippe. Richtige Probleme bereite dies den Firmen allerdings nicht.

Angespannte Situation bei Blutspende

Die zahlreichen Grippe-Fälle in Deutschland machen sich auch bei Blutspenden bemerkbar. "Die Situation ist angespannt, aber nicht dramatisch", sagte eine Sprecherin der Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) am Montag.

Die Organisation sei darauf angewiesen, dass Gesunde die Möglichkeit zur Spende wahrnähmen. Kranke werden nicht zugelassen. Die Grippe-Fälle machten sich seit etwa anderthalb Wochen bemerkbar.

Regionale Engpässe habe man aber noch nicht beobachtet. Problematisch sei zudem, dass man sich zwischen zwei Ferienzeiten und Feiertagen befinde - Karneval und Ostern, sagte die Sprecherin. Dann seien viele Spender verreist. "Blutkonserven sind fünf bis sechs Wochen haltbar." (ths/dpa)

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