Ebola-Hilfseinsatz

Gröhe appelliert an Ärzte

Ärzte dringend gesucht: Gesundheitsminister Gröhe, Deutsches Rotes Kreuz und Bundesärztekammer rufen Ärzte in Deutschland auf, sich freiwillig für den Kampf gegen Ebola zu melden. Die deutschen Ebola-Hilfsflüge nach Westafrika haben bereits begonnen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Appel an Ärzte: BÄK-Chef Montgomery, Bundesgesundheitsminister Gröhe und DRK-Präsident Seiters (v.l.).

Appel an Ärzte: BÄK-Chef Montgomery, Bundesgesundheitsminister Gröhe und DRK-Präsident Seiters (v.l.).

© BMG/Schinkel

BERLIN/BONN. Kaum hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Montag unter Soldaten und Zivilisten der Bundeswehr einen Aufruf gestartet, meldeten sich rund 2000 Freiwillige für die Ebola-Hilfe.

Gesucht waren Ärzte, Pfleger, Techniker und Logistiker. Von der Leyen zeigte sich "bewegt und überwältigt" von der Hilfsbereitschaft der Truppe. Jetzt müsse geklärt werden, welche Berufe die Interessenten haben und wie der Impfstatus sei, um dann das genaue Einsatzgebiet der Freiwilligen festzulegen.

Schon begonnen haben am Donnerstag die Hilfsflüge der Bundeswehr. Eine Transportmaschine hob um 10.30 Uhr am Flughafen Köln/Bonn ab, beladen mit Material wie Stiefeln, Handschuhen, Mundschutzmasken und Desinfektionsmitteln.

Ziel des Airbus ist die senegalesische Hauptstadt Dakar, wo die Bundeswehr einen Transportstützpunkt plant. Von dort aus soll später eine Luftbrücke nach Monrovia in Liberia eingerichtet werden, das mit geschätzten rund 10.000 Erkrankten bisher am stärksten betroffene Land.

Zeitgleich mit dem Start der ersten Versorgungsmaschine trat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vor die Presse und startete seinerseits einen Aufruf, der diesmal vor allem an die Ärzteschaft adressiert war. Gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Bundesärztekammer (BÄK) appellierte der CDU-Politiker an Ärzte und Pflegekräfte in Deutschland, sich als Freiwillige für den bevorstehenden deutschen Hilfseinsatz in Westafrika zu melden.

Gesucht seien erfahrene Ärzte mit guten Englischkenntnissen insbesondere aus der Chirurgie, der Inneren Medizin, der Allgemeinmedizin, der Gynäkologie und der Anästhesie, außerdem Pflegekräfte, Psychotherapeuten sowie Pharma- und Labortechniker, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Bewerbung für Hilfseinsatz

Freiwillige medizinische Helfer können sich ab sofort über das Online-Bewerbungssystem des Deutschen Roten Kreuzes für diesen Hilfseinsatz melden unter: https://drkhrnet.drk.de/Home

Die Freiwilligen werden in zwei neuen Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes eingesetzt, die in den nächsten Tagen und Wochen aufgebaut werden sollen.

Der Aufbau dieser Behandlungseinheiten war am vergangenen Freitag beschlossen worden. Die Bundesregierung stellt dafür zunächst gut 19 Millionen Euro zur Verfügung.

DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters konkretisierte Pläne. Bereits in 14 Tagen soll in Sierra Leone ein mobiles Ebola Treatment Center des DRK in der besonders betroffenen Region Kenema entstehen.

Es wird vier Millionen Euro kosten, eine Kapazität von 100 Betten haben und eine bestehende Ebola-Station des Internationalen Roten Kreuzes in unmittelbarere Nachbarschaft ergänzen.

Engpass: Schnell Personal finden

In etwa drei bis vier Wochen soll außerdem ein deutlich größeres Referenzkrankenhaus in Liberia abrufbar sein, für das 15 Millionen Euro veranschlagt werden. Der genaue Ort dieser Einrichtung steht noch nicht fest.

"Das Hauptproblem für uns ist jetzt, rasch geeignetes Personal zu finden", betonte Seiters. Für beide Einrichtungen zusammen seien 170 bis 180 Mitarbeiter nötig. Die Rotationszeit der Freiwilligen soll vier bis sechs Wochen betragen.

"Wir wissen, dass dieser Einsatz nicht ohne Risiko ist und werden dazu beitragen, die nötigen Rahmenbedingungen für den Umgang mit den Risiken zu schaffen", sagte Gröhe. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört neben einer einwöchigen Schulung der Freiwilligen auch die Bereitstellung einer adäquaten Krankenversicherung, die die Risiken abdeckt.

Eines der größten Risiken ist naturgemäß die Ansteckung mit Ebola. Erst Anfang der Woche wurde das erneut deutlich, als die spanische Regierung einen Priester aus Westafrika ausfliegen ließ, der sich mit Ebola infiziert hatte. Er ist noch immer nicht außer Lebensgefahr. Bereits Mitte August war ein 75-jähriger spanischer Priester nach einem Rücktransport in Madrid an Ebola gestorben.

Gröhe gab zu, dass die Frage des sicheren Rücktransports "nicht trivial" sei. Es werde überlegt, eine eigene Infrastruktur dafür aufzubauen. Man kooperiere zudem mit privaten Dienstleistern, die solche Rettungsaktionen durchführen.

Auch mit dem Hilfsprogramm der Bundeswehr sollen die zivilen medizinischen Hilfen verzahnt werden. Die Koordination erfolge in einem Krisenstab der Bundesregierung, so Gröhe.

BÄK unterstützt Aufruf

Konkret ist geplant, dass die Bundeswehr den Transport von Personal und Ausstattung unterstützt, eventuell in Kooperation mit dem Technischen Hilfswerk. Anfang Oktober sollen vor Ort die Trainingsprogramme für freiwillige medizinischen Helfer starten.

Genaue Angaben zum Gesamtbedarf an freiwilligen Helfern wurden nicht gemacht, er dürfte aber vierstellig sein. Interessierte können sich ab sofort über das Online-Bewerbungssystem des DRK melden.

Die BÄK unterstützt den Aufruf von DRK und Bundesregierung: "Wir bitten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, sich zu melden und werden bei der Auswahl geeigneter Kollegen behilflich sein", sagte BÄK-Präsident Frank-Ulrich Montgomery.

Die Kammer werde auch darauf hinwirken, dass medizinische Arbeitgeber interessierte Mitarbeiter freistellen und dass das jeweilige Arbeitsverhältnis durch den Hilfseinsatz nicht tangiert wird.

Die große Frage ist, ob die jetzt anlaufenden Hilfen noch rechtzeitig kommen. Eine aktuelle Hochrechnung der US-Centers for Disease Control (CDC) hat ergeben, dass bis Mitte Januar 2015 ohne zusätzliche Maßnahmen alleine in Liberia und Sierra Leone circa 1,4 Millionen Menschen an Ebola erkrankt sein werden, wenn die Dunkelziffer berücksichtig wird.

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin schätzt, dass allein für die medizinische Hilfe vor Ort etwa 4000 Fachkräfte aus dem Ausland nötig sind, um eine weitere Ausbreitung in dieser Phase der Epidemie noch zu verhindern.

Infektion breitet sich rasant aus

Unterdessen breitet sich das Ebola-Virus in Westafrika weiter rasant aus. 2917 Menschen sind laut WHO bis zum 21. September an der Krankheit gestorben. Die Zahl der Infizierten in Guinea, Liberia, Sierra Leone, Nigeria und Senegal sei inzwischen auf 6263 gestiegen.

Am stärksten betroffen sei Liberia mit 1677 Todesfällen, gefolgt von Guinea (635) und Sierra Leone (597). Nach WHO-Angaben haben sich 373 Menschen aus dem Gesundheitsbereich angesteckt, 208 sind gestorben.

Während sich die Situation in Sierra Leone und offenbar auch in Liberia weiter verschärfe, scheine sich die Lage in Guinea zumindest vorübergehend stabilisiert zu haben.

Im Senegal, wo es bislang einen bestätigten, aber nicht tödlichen Fall gegeben hat, sind dagegen laut der Mitteilung in den vergangenen 21 Tagen keine neuen Verdachtsfälle hinzugekommen.

In Nigeria, das bislang acht Tote zu beklagen hatte, ist der letzte bestätigte Fall am 5. September erfasst worden. Insgesamt gab es in Nigeria 19 bestätigte Erkrankungen und einen Verdachtsfall.

Drei Dristrikte unter Quarantäne

Die Regierung in Sierra Leone hat indes wegen der Ebola-Epidemie drei weitere Distrikte des Landes mit mehr als einer Millionen Menschen unter Quarantäne gestellt.

Die Isolierung sei erforderlich, um die Seuche erfolgreich bekämpfen zu können, erklärte Präsident Ernest Bai Koroma am Donnerstag in einer Radio- und Fernsehansprache.

Die Bewohner der beiden nördlichen Distrikte Port Loko und Bombali sowie von Moyamba im Süden dürfen die Grenzen ihrer 12 Gemeindegebiete ab sofort nur mit Genehmigungen und über kontrollierte Straßenkorridore verlassen.

Ähnliche Einschränkungen gelten bereits für die Distrikte Kenema und Kailahun im Osten. Damit sind nun fünf der 14 Distrikte des Landes mit etwa zwei Millionen der rund sechs Millionen Einwohner von Isolationsmaßnahmen betroffen.

Am Sonntag war eine dreitägige landesweite Ausgangssperre beendet worden. Dabei seien nahezu alle Haushalte von Helfern über Ebola aufgeklärt worden. Zudem seien neue Infektionsfälle erkannt und Leichen von Ebola-Toten den Behörden übergeben worden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Spät, aber nicht zu spät?

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