Kleine Studie
Hilft Stretching Muskelkrämpfen vorzubeugen?
Stretching vor dem Sport soll Muskelkrämpfen vorbeugen. In einer kleinen Studie ist es zumindest nicht gelungen, die Krampfschwelle durch Stretching zu erhöhen.
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Biologisch scheint ein prophylaktischer Effekt der Muskeldehnung plausibel. In einer kleinen Studie konnte aktuell jedoch ein Muskelkrampf-verhindernder Effekt nicht bestätigt werden.
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MOUNT PLEASANT. Wer im Internet spazieren geht und dabei nach Fundstellen dafür sucht, dass Stretching Muskelkrämpfen vorbeugt, muss nicht weit laufen. Und auch die medizinische Literatur hält genügend Nachweise vor, die den Nutzen des Stretchings als Krampfprävention belegen sollen.
Biologisch plausibel
Biologisch wäre ein solcher prophylaktischer Effekt der Muskeldehnung nicht unplausibel. Stretching könnte das Golgi-Sehnenorgan günstig beeinflussen, das an der Krampfentstehung beteiligt sein soll.
Das Organ ist bei gestrecktem Muskel maximal gehemmt, und an einem getreckten Muskel lässt sich kein Krampf auslösen. Es gibt Hinweise, dass Stretching die Erregbarkeit von Motoneuronen dämpft. Und schließlich haben Dehnübungen in Studien geholfen, nächtliche Wadenkrämpfe zu reduzieren.
Rehabilitationsmediziner um Professor Kevin Miller von der Central Michigan University in Mount Pleasant haben in einer Untersuchung mit 15 Teilnehmern das krampfpräventive Potenzial von Stretching getestet (Muscle Nerve 2017; online 23. August). Die Teilnehmerzahl war zwar gering, aber größer als die gemäß den Testprämissen errechnete Anzahl von elf Probanden. Diese Prämissen bestanden in einer Wahrscheinlichkeit von 5 Prozent, einen bestehenden Unterschied zu verkennen (Fehler 1. Art, Signifikanzniveau), und von 20 Prozent, eine nicht bestehende Differenz als bestehend anzuerkennen (Fehler 2. Art). Die Standardabweichung bei der krampfauslösenden elektrischen Stimulationsfrequenz wurde mit 5 Hz, die durch die Intervention zu bewirkende mittlere Differenz mit 6 Hz angenommen.
Statistische Signifikanz verfehlt
Getestet wurden sowohl statisches Stretching wie auch die auf Halten und Entspannen, Agonisten und Antagonisten einbeziehende propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF). Zum Vergleich diente der Verzicht auf Stretching. Testmuskel war der Flexor hallucis brevis. Die Dehnübungen verbesserten zwar den Bewegungsumfang des Großzehs bei der Extension (nicht bei Flexion). Eine Erhöhung der elektrischen Krampfschwelle war allerdings nicht festzustellen.
Die Schwellenfrequenz lag ohne Stretching bei 18 ± 7 Hz, nach PNF bei 16 ± 4 Hz und nach statischem Dehnen bei 16 ± 5 Hz. Die Differenz verfehlte damit die statistische Signifikanz bei Weitem (p = 0,37). (rb)