Bei Operationen

Höheres Demenzrisiko nach Anästhesie

Wer sich operieren und dafür anästhesieren lassen muss, hat danach ein etwa doppelt so hohes Risiko, an Demenz zu erkranken. Das wollen Forscher aus Taiwan herausgefunden haben. Erklären können sie den Zusammenhang allerdings nicht.

Veröffentlicht:
Fünf Arten von Eingriffen mit vorhergehender Anästhesie waren in der Studie mit einer erhöhten Demenz-Gefahr assoziiert: dermatologische, muskuloskeletale, urogenitale, gastrointestinale und Operationen an den Augen.

Fünf Arten von Eingriffen mit vorhergehender Anästhesie waren in der Studie mit einer erhöhten Demenz-Gefahr assoziiert: dermatologische, muskuloskeletale, urogenitale, gastrointestinale und Operationen an den Augen.

© Klaus Rose

TAIPEH. Anästhesie plus anschließender Operationen erhöhen offenbar das Risiko, an Demenz zu erkranken. Das zeigt eine Studie aus Taiwan.

Die Arbeitsgruppe um Pin-Liang Chen von der National Taiwan University in Taipeh hatte sich die Krankengeschichten von knapp 25.000 Patienten im Alter ab 50 Jahren angesehen, die nach 1995 erstmals einer Anästhesie unterzogen worden waren.

Rund 111.000 Personen gleichen Alters und Geschlechts dienten als Kontrollgruppe (Br J Psychiatry 2013; online 25. Juli).

Das Risiko, an Demenz zu erkranken, war für die Anästhesiepatienten insgesamt 1,99-mal größer als für die Kontrollpersonen. Den Zeitpunkt des Eingriffs als Stichtermin genommen, erhielten die Patienten nach einer Anästhesie zudem früher eine Demenzdiagnose.

Als Demenzen im Sinne der Studie zählten die präsenile und senile Demenz sowie die Alzheimerkrankheit, nicht aber atherosklerotisch bedingte Demenzen.

Während einer drei bis sieben Jahre währenden Nachbeobachtungsphase erkrankten in der Anästhesiegruppe 2,65% und in der Kontrollgruppe 1,39% der untersuchten Personen.

Interessanterweise war es vor allem die Regionalanästhesie, die das Demenzrisiko steigerte, nämlich um 80%. I.v. oder i.m. verabreichte Betäubung schlug hingegen mit Risikoerhöhungen um 60% und Allgemeinanästhesie nur mit 46% zu Buche. Statistisch erwiesen sich alle Steigerungen als signifikant.

Fünf Arten von Eingriffen sind riskant

Freilich wurde im Zuge der Studie niemand anästhesiert, ohne dass er zugleich eine Operation über sich hätte ergehen lassen müssen.

Tatsächlich waren auch fünf Arten von Eingriffen mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert, nämliche dermatologische, muskuloskeletale, urogenitale, gastrointestinale und Operationen an den Augen.

Auch können die taiwanischen Wissenschaftler nicht ausschließen, dass es im Vorfeld einer Demenzdiagnose eine erhöhte Anfälligkeit für Erkrankungen gibt, die chirurgische Maßnahmen - und demzufolge eine Anästhesie - erforderlich machen.

Wie ihre Befunde in ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis zu setzen sind, können Chen und seine Kollegen nicht endgültig erklären. Sie verweisen aber auf Studienergebnisse, in denen anästhesierenden Substanzen ein Potenzial für neurodegenerative Komplikationen bescheinigt wurde.

Zudem sind kurzfristige kognitive Einbußen nach Operationen ein bekanntes klinisches Phänomen. Meist erholt sich die geistige Leistungsfähigkeit binnen Tagen.

Doch manchmal hält der Verlust auch länger an. Dabei ist nicht klar, ob es sich hierbei um die Demaskierung einer frühen oder die Vorhersage einer späteren Demenz handelt. (rb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Analyse großer US-Studien

Schützt Olivenöl vor dem Tod durch Demenz?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener