Erstmals beobachtet
Im Video – So sieht es aus, wenn Nervenzellen sich isolieren
Live on tape: Forschern ist es gelungen, die Myelinbildung um Nervenfasern zum ersten Mal live zu beobachten – und davon Videos aufzunehmen.
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Modell des Nervensystems: Forscher haben nun beobachtet, dass das Muster von den einzelnen Myelinsegmenten schon früh im Organismus angelegt wird.
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MÜNCHEN. Forscher haben erstmals live die Bildung von Myelinschichten um Neuronen beobachten können. Die Studie – plus dazugehörige Videos – haben sie im Fachmagazin "Current Biology" veröffentlicht (doi: 10.1016/j.cub.2018.01.01).
Als Studienobjekte dienten den Münchenern das Rückenmark von Zebrafischen. Dabei stellten sie laut einer Mitteilung fest, dass die unterschiedlichen Längen der einzelnen Myelinsegmente zwischen den Ranvier'schen Schnürringen schon früh festgelegt werden: Schon wenige Tage nach dem Beginn der Myelinbildung steht das Muster der Segmente fest, so die Forscher. Zwar wächst der Körper des Fisches danach logischerweise noch – und damit auch die Myelinsegmente – doch die Länge der einzelnen Segmente bleibt im Verhältnis gleich.
Erstaunte Forscher bei Neubildung
Als die Wissenschaftler einzelne Myelinsegmente gezielt zerstörten, "erlebten wir eine Überraschung", so Dr. Tim Czopka von der Technischen Universität München (TUM): Der Organismus stellte das ursprüngliche Muster meistens wieder her, so der Biologe in der Meldung.
Zeitrafferaufnahme der Myelinbildung um ein Axon
Veröffentlicht: 15.02.2018
Das Team von der TUM beobachtete dabei ein festes Schema, wenn ein Myelinelement zerstört war: Die benachbarten Myelinsegmente dehnten sich in einem ersten Schritt aus, um die Lücke zu füllen. Anschließend wuchs zwischen ihnen das neue Segment an der Stelle des kaputten, so die Forscher. Während seines Wachstums schrumpften die benachbarten Segmente wieder zurück, so dass das ursprüngliche Myelinmuster am Ende des Prozesses wieder hergestellt war.
Axone steuern wohl Musterbildung
Doch welche Elemente steuern die Bildung des Musters? "Unsere Beobachtungen legen nahe, dass nicht die myelinbildenden Zellen, die Oligodendrozyten, sondern die Axone bestimmen, wo Myelin gebildet wird", sagt Czopka in der Mitteilung. "Man könnte sagen, dass sie am besten wissen, welches Muster für die ideale Übertragungsgeschwindigkeit benötigt wird."
Das Erforschen der Oligodendrozytentätigkeit wird wohl trotzdem ein Schwerpunkt der künftigen Forschung bilden. Diese Zellen bilden die Myelinschicht aus Fetten und Eiweißen. Ein Oligodendrozyt bildet dabei Fortsätze zu einer Vielzahl von Axonen.
Um ein Axon komplett mit einer Myelinschicht zu ummanteln, sind wiederum mehrere Oligodendrozyten nötig. Umso überraschender für die Forscher war deshalb, dass diese Zellen anscheinend keine entscheidende Rolle bei der Ausbildung eines Myelinmusters spielen.
Mögliche Hoffnung für MS-Patienten
Derzeit erforschten die Münchener, wie sie durch gezielt ausgelöste Nervenzellaktivitäten – und dadurch ausgelöste Botenstoffe – die Segmentbildung verändern können. Sie erhoffen sich durch das Verstehen des Zusammenspiels der Nervenelemente, zukünftig Patienten mit Erkrankungen des neurologischen Systems besser therapieren zu können, schreiben die Forscher. Dazu gehört beispielsweise auch die Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose. Gerade die Rolle der Axone bei Myelinbildung könne ihnen dabei helfen.