Adipositas-Operation
Jahrelange Kämpfe vor Gericht
Bis zur bariatrischen Operation ist es für Patienten mit Adipositas oft ein Spießrutenlauf. Das wurde beim Auftakt der "Obesity-Days" in Frankfurt deutlich.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Adipositas-Patienten müssen oft jahrelang vor Gericht um die Übernahme von Operationskosten kämpfen – obwohl die Kassen in der Regel zahlen müssen. Dieses düstere Bild malte Tim Christian Werner, Fachanwalt für Sozialrecht und bekannt als "Adipositas-Anwalt", zum Auftakt der 32. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) in Frankfurt.
Erstmals findet die Jahrestagung gemeinsam mit dem Frankfurter Meeting für Adipositaschirurgie und metabolische Chirurgie statt. Mit Blick auf die Veranstaltung, die noch bis Samstag unter dem Titel "Adipositastage 2016" in Frankfurt läuft, sagte DAG-Präsident Professor Matthias Blüher: "Damit wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir zusammenwachsen müssen."
Anwalt: Vor Gericht gewinnen meist die Patienten
Eine bariatrische Operation ist für extrem dicke Patienten oft die einzige Chance, dauerhaft viel Gewicht zu verlieren. "Trotzdem lehnen die Kassen in aller Regel ab", so Werner. Geht es vor Gericht, gewinne der Patient zwar meist, so seine Erfahrung.
Aber: "Die Betroffenen müssen jahrelang darum kämpfen, das Krankheitsbild verschlechtert sich – und die Menschen sterben, bevor sie die Kostenzusage der Kassen bekommen."
Er nannte zwei Namen von Klienten, die das Ende des Rechtsstreits mit ihren Krankenkassen nicht mehr erlebten, und betonte: "Wenn eine Krankenkasse die Kostenübernahme trotz klarer Indikation ablehnt, ist dies zu 90 Prozent rechtswidrig!"
Blüher: Adipositas als chronische Erkrankung anerkennen
Die Adipositas müsse endlich als chronische Erkrankung anerkannt werden, forderte Blüher. "Außerdem müssen wir wegkommen von einer gewichtszentrischen Sicht – primäres Ziel ist die Verbesserung des Gesundheitszustandes." Und zwar, so Blüher, mit einer Operation, die Krankheiten wie Diabetes zuvorkommt.
Die notwendigen Leistungen müssten in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden, forderte der Internist – und kritisierte die großen regionalen Unterschiede: "Eine selektivvertragliche Umsetzung durch einzelne Krankenkassen ist nicht zielführend!"
Wichtig sei auch, ausreichend Fachpersonal auszubilden, um den steigenden Fallzahlen von Adipositas entgegentreten zu können.
Die Öffentlichkeit müsse über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Krankheit besser aufgeklärt werden, forderte Blüher – um so schließlich auch Vorurteile abzubauen.
Wichtig dafür seien auch Projekte wie die von DAK-Gesundheit und Johnson & Johnson Medical initiierte Wanderausstellung mit 26 Fotografien zum Thema Adipositas mit dem Namen "schwere(s)los" (die "Ärzte Zeitung" berichtete). "Sie machen auf etwas aufmerksam, das oft in die Schmuddelecke gerückt wird", sagte Blüher.