Schnelltest im Test

Kaugummi erkennt Infektionen im Mund

Mit einem Kaugummi könnten demnächst gefährliche Entzündungen im Mund innerhalb weniger Minuten zweifelsfrei erkannt werden. Das könnte vor allem für Träger von Zahnimplantaten wichtig sein.

Veröffentlicht:
Im Falle einer Entzündung schmeckt ein neu entwickelter Kaugummi nach wenigen Minuten bitter.

Im Falle einer Entzündung schmeckt ein neu entwickelter Kaugummi nach wenigen Minuten bitter.

© Pixland / Pixland / Thinkstock

WÜRZBURG. Ein neuer Kaugummi-Schnelltest soll künftig dabei helfen, bakterielle Entzündungen früh im Mund zu erkennen. Die Idee ist so einfach wie hilfreich: Durch einfaches Kauen erkennt der Patient selbst, ob es ein Problem gibt. Denn im Falle einer Entzündung schmeckt der Kaugummi im Mund nach wenigen Minuten bitter.

Diese neue Möglichkeit der Schnelldiagnose mithilfe der eigenen Zunge könnte vor allem für Träger von Zahnimplantaten sinnvoll sein. "Das Hauptproblem mit Implantaten ist, dass sich nach fünf oder zehn Jahren Bakterien dort entwickeln können. Und der Patient merkt die Entzündungen im Mundraum nicht, weil durch die Implantate die Nerven komplett zerstört sind", erklärt Studienautor Professor Lorenz Meinel vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Würzburg. Eine Entzündung könne dann im schlimmsten Fall schon viel Gewebe und Knochen zerstört haben, bevor sie entdeckt werde.

 Meinel und sein Team haben das neue Diagnosemittel mit Forschern der Universität Düsseldorf sowie von Forschungseinrichtungen aus Berlin und Jena entwickelt. Für erste Tests hatte das Pharmazie-Team der Uni Würzburg den Speichel von gesunden und erkrankten Patienten der Zahnklinik in Rimini genutzt. Über das Verfahren berichten sie nun im Fachjournal „Nature Communications“ (doi:10.1038/s41467-017-00340-x).

Entzündungsenzyme setzen Bitterstoff frei

 In den Kaugummi haben die Forscher einen speziellen Inhaltsstoff eingebaut, der auf bestimmte proteinabbauende Enzyme reagiert, die bei Entzündungen im Mund entstehen. Innerhalb von nur fünf Minuten zerschneiden die Enzyme den Stoff, wodurch ein vorher nicht zu schmeckender Bitterstoff frei wird. „Der Kaugummi erkennt jede Form von bakterieller Belastung im Mundraum“, sagt Meinel. Dabei reagiere er besser als die bislang genutzten Farbstreifen und schneller als Tests mit Stäbchen, die erst im Labor analysiert werden müssten. Bei leichten Zahnfleischentzündungen schlage der Kaugummi jedoch nicht an.

 Frank Schwarz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie, bezeichnet den Kaugummi als „innovatives Verfahren“, das aber noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit benötige. Seiner Meinung nach hat das Team um Meinel noch nicht den idealen Marker für eine beginnende Entzündung als Grundlage für die Wirkung des Kaugummis genommen, weil der gewählte auch bei Heilung freigesetzt werde. Nach solchen Markern suche die Zahnmedizin seit Jahren intensiv. „Wenn es gelänge, spezifische Marker von Entzündungsprozessen frühzeitig beim Kauen eines Kaugummis nachzuweisen, wäre dies sicherlich ein Vorteil für Patienten und Zahnärzte“, so Schwarz weiter, der Professor für orale Medizin und periimplantäre Infektionen ist.

Der Kaugummi ist noch nicht marktreif. Der klinische Test sei nun der nächste Schritt, so Meinel. (dpa)

Mehr zum Thema

Weltgesundheitsorganisation

WHO zieht Bilanz: Deutlich weniger Corona-Tote

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener