Trotz Pannen
Kaum Ebola-Gefahr für Europa
Experten glauben weiterhin nicht, dass sich das Ebola-Virus in Europa ausbreitet. Eine Gefahr stellt für Ärzte und Pfleger jedoch der falsche Umgang mit der Schutzausrüstung dar, wie der Fall der infizierten Krankenschwester in Spanien zeigt.
Veröffentlicht:HAMBURG. Es hätte eigentlich nicht passieren dürfen. Nun rätselt die Fachwelt, weshalb sich trotz Schutzanzugs zwei Krankenschwestern bei der Pflege von Ebola-Kranken in den USA und Spanien anstecken konnten.
Geht man davon aus, dass gerade mal ein Dutzend Ebola-Kranke außerhalb von Afrika behandelt wurden, dann scheint die Infektionsrate von Helfern in Ländern mit High-Tech-Medizin nicht geringer zu sein als im afrikanischen Busch.
Ein Problem ist offenbar, dass viele der Ärzte und Pfleger nicht besonders geübt im Umgang mit der Schutzkleidung und den Schutzvorschriften sind. In Spanien soll sich die infizierte Pflegehelferin beim Ausziehen des Anzuges mit dem Handschuh übers Gesicht gestrichen haben.
"Das darf nicht passieren. Da muss eine Kamera dabei sein oder jemand, der zuschaut, oder ein anderer zieht den Schutzanzug aus", wundert sich Privatdozent Jonas Schmidt-Chanasit, der Leiter der Virusdiagnostik beim Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg.
Mit Peressigsäure duschen
Der Weg des Ebola-Virus in Westafrika
Die Ebola-Epidemie in Westafrika sorgt für Tausende infizierte Menschen - und Tausende Tote. Der Ausbruch geht auf ein zweijähriges Mädchen zurück. Zur Chronologie des Ausbruchs.
Nach den Sicherheitsvorschriften, wie sie in Deutschland gelten, wird der Anzug zudem desinfiziert, bevor ihn jemand auszieht.
"Bei uns im Hochsicherheitslabor müssen die Mitarbeiter durch eine Dusche mit Peressigsäure. Dadurch wird ausgeschlossen, dass sie mit einem kontaminierten Anzug das Labor verlassen", sagte Schmidt-Chanasit im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Ähnliche Sicherheitsvorkehrungen gälten auch auf den Isolierstationen in Deutschland, in denen derzeit Ebola-Kranke aus Afrika behandelt werden. Der Virologe hält daher die Gefahr für sehr gering, dass sich hierzulande jemand auf Isolierstationen unbemerkt mit Ebola infiziert.
Durch Unfälle wie Nadelstichverletzungen bestehe dennoch ein Risiko. Ein solches Missgeschick würden die Mitarbeiter jedoch bemerken. Sie könnten daher unter Quarantäne gestellt werden, bevor sie erkranken.
Hände nach Ausziehen der Handschuhe erst trocknen lassen
In Deutschland würden alle Fachkräfte ausführlich geschult, bevor sie auf einer Isolierstation oder in einem Hochsicherheitslabor arbeiten dürfen - das scheint die beste Lebensversicherung zu sein: Schmidt-Chanasit verweist auf die gut geschulten "Ärzte ohne Grenzen", die bisher kaum Ebola-Fälle in den eigenen Reihen hatten, obwohl sie in Afrika unter weitaus schwierigeren Bedingungen arbeiten.
Dort werden die Schutzanzüge lediglich mit Chlorbleiche abgespült und dann weggeworfen. Ein Problem könnte auch sein, dass Mitarbeiter Missgeschicke nicht sofort melden - so wie das in Spanien der Fall war.
Das Ausziehen der Schutzausrüstung sei ein komplexer Prozess, bei dem die Reihenfolge der Handgriffe exakt eingehalten werden müsse, erläutert der Virologe Professor Christian Drosten vom Institut für Virologie des Uniklinikums Bonn: "Der Mundschutz ist eventuell mit Viren angereichert, auf der Brille können Spritzer gelandet sein."
Nach dem Ausziehen der Handschuhe seien die Hände verschwitzt und müssten erst einige Minuten trocknen, bevor ein frisches Paar übergestreift werden könne. "Da entsteht vielleicht auch mal der Impuls, die Brille einfach so abzunehmen", sagte Drosten.
Für Schmidt-Chanasit sind aber weniger einzelne Ebola-Fälle in Europa das Problem. Hier befürchtet der Virologe sogar bei Pannen wie in den USA und Spanien keinen größeren Ausbruch, da die Kontaktpersonen der Infizierten sofort isoliert werden: "Das hat selbst in Nigeria bei einem eingeschleppten Ebola-Fall geklappt."
Vielmehr müsse nun die versprochene Hilfe in Westafrika schnell ankommen, um zu verhindern, dass das Virus dort endemisch wird. Kritisch sieht der Experte vor allem die Situation in ländlichen Regionen.
Nach der Ermordung von Helfern in Guinea traue sich in manche Gebiete kaum noch jemand hin. "Wir wissen überhaupt nicht, was da vor sich geht, und das ist erschreckend."